24.03.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Frage, ob Zeiten einer Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG zu den in § 255 Abs 7 ASVG genannten Beitragsmonaten der Pflichtversicherung zu zählen sind

Zeiten, die früher als Ersatzzeiten qualifiziert wurden und seit dem Inkrafttreten des APG der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG unterliegen, sind bei der Ermittlung der für einen Anspruch nach § 255 Abs 7 ASVG erforderlichen 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung nicht zu berücksichtigen


Schlagworte: Invaliditätspension, Beitragsmonate, Teilversicherung, Ersatzzeiten
Gesetze:

§ 255 Abs 2 Z 7 ASVG, § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG, § 1 APG, § 3 APG

GZ 10 ObS 145/10m, 19.10.2010

OGH: Das am 1. 1. 2005 in Kraft getretene APG regelt - wie aus § 1 Abs 1 Z 3 APG folgt - nicht die Anspruchsvoraussetzungen für eine Invaliditätspension. Diese sind weiter nach den §§ 254 f ASVG zu beurteilen. Durch das Pensionsharmonisierungsgesetz (BGBl I 2004/142), mit dem das APG erlassen und ua das ASVG novelliert wurde, wurden die früheren Ersatzzeiten ab 1. 1. 2005 durch entsprechende Teilpflichtversicherungen in der Pensionsversicherung abgelöst (§ 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG). Personen, die - wie die Klägerin - nach dem 1. 1. 1955 geboren sind, können nach der seit 1. 1. 2005 geltenden Rechtslage keine Ersatzzeiten mehr erwerben. Die Zeiten, die früher als Ersatzzeiten qualifiziert wurden, werden bei der Berechnung der Pension wie Beitragszeiten mit einer Beitragsgrundlage behandelt und es müssen für sie auch Beiträge entrichtet werden, wenn auch nicht von der versicherten Person (bzw vom Dienstgeber), sondern vom Bund, vom Arbeitsmarktservice oder von einem öffentlichen Fonds (§ 3 Abs 1 Z 2 APG). Aus systematischen Gründen wird zwischen Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (§ 3 Abs 1 Z 1 APG), Zeiten einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung, für die der Bund, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds Beiträge zu zahlen hat (§ 3 Abs 1 Z 2 APG), und Zeiten einer freiwilligen Versicherung in der Pensionsversicherung (§ 3 Abs 1 Z 3 APG) unterschieden.

Zeiten einer Teilversicherung gem § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG sind als Zeiten der Pflichtversicherung gem § 225 ASVG "Beitragszeiten". Wie § 232 Abs 1 ASVG zeigt, werden solche Zeiten einer Pflichtversicherung trotzdem nicht als Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit behandelt.

§ 255 Abs 7 ASVG setzt voraus, dass der Versicherte, der schon bei Eintritt in das Erwerbsleben außer Stande war, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, trotz seiner Beeinträchtigungen mindestens 120 "Beitragsmonate der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz" erworben hat.

Nach den Gesetzesmaterialien sollen von dieser Bestimmung Personen erfasst werden, die trotz ihrer Arbeitsunfähigkeit viele Jahre hindurch aktiv dem Arbeitsmarkt und damit der Versichertengemeinschaft angehört und Versicherungszeiten erworben haben. In diesem Sinn liegt der Zweck der Bestimmung darin, dass Personen bevorzugt werden sollen, die trotz ihrer Beeinträchtigungen am Erwerbsleben teilgenommen haben. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmung mit 1. 1. 2004 lag das APG mit seinen Änderungen des ASVG noch in weiter Ferne; historisch betrachtet kann die Bezugnahme auf das ASVG oder ein anderes Bundesgesetz nicht Zeiten betreffen, die im Jahr 2004 Ersatzzeiten waren und erst durch die Umstellung des Pensionsrechts mit dem APG zu "besonderen" Beitragszeiten mutierten, die nicht mit einer aktuellen Erwerbstätigkeit zusammenhängen.