31.03.2011 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Kündigungsanfechtung gem § 7f Abs 1 iVm § 7k Abs 2 Z 2 BEinstG - Frist für die Stellung des Antrags auf Schlichtung beim Bundessozialamt?

Das Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt muss binnen der jeweiligen Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach § 7k Abs 2 BEinstG eingeleitet werden, wenn sich daran die gerichtliche Geltendmachung anschließen soll


Schlagworte: Behinderteneinstellungsrecht, Diskriminierung, Kündigungsanfechtung, Bundessozialamt, Schlichtungsverfahren, Frist, gerichtliche Geltendmachung, Hemmung
Gesetze:

§ 7k BEinstG

GZ 9 ObA 1/11d, 28.02.2011

OGH: Ist das Dienstverhältnis vom Dienstgeber wegen einer Behinderung des Dienstnehmers gekündigt worden (§ 7b Abs 1 Z 7 BEinstG), so kann die Kündigung unter der Voraussetzung des § 7k BEinstG bei Gericht angefochten werden (§ 7f Abs 1 BEinstG).

§ 7k Abs 1 BEinstG normiert, dass Ansprüche gem § 7f BEinstG bei den ordentlichen Gerichten nur geltend gemacht werden können, wenn in der Sache vorher beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bundessozialamt) ein Schlichtungsverfahren gem §§ 14 ff BGStG durchgeführt wurde. Die Klage ist nur zulässig, wenn nicht im Fall einer Kündigung innerhalb von einem Monat ab Einleitung des Schlichtungsverfahrens eine gütliche Einigung erzielt worden ist. Der Kläger hat der Klage eine Bestätigung des Bundessozialamts darüber anzuschließen, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte (§ 7k Abs 1 BEinstG).

Die näheren Bestimmungen über die Schlichtung sind in den §§ 14 bis 16 BGStG enthalten. Das Schlichtungsverfahren beginnt mit der Einbringung des Anbringens, mit dem Schlichtung begehrt wird, durch die eine Diskriminierung behauptende Person. Auf die Einbringung ist § 13 AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Anbringen schriftlich oder mündlich zu Protokoll eingebracht werden muss. §§ 32 und 33 AVG sind ebenfalls anzuwenden (§ 14 Abs 2 BGStG). Das Schlichtungsverfahren endet mit der Einigung oder mit der Zustellung der Bestätigung des Bundessozialamts, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte, an die eine Diskriminierung behauptende Person. § 8 ZustellG ist anzuwenden (§ 14 Abs 3 BGStG).

Der Revisionsrekurswerber betont in seinem Rechtsmittel, dass § 7k Abs 1 BEinstG keine Befristung enthalte. Es bleibe daher unerfindlich, warum das Erstgericht und das Rekursgericht eine Frist "finden", obwohl das Gesetz eine solche gar nicht vorsehe. Aus § 7k Abs 4 BEinstG ableiten zu wollen, dass bereits der Antrag bei der Schlichtungsstelle innerhalb von 14 Tagen zu stellen sei, finde im Gesetz keine Deckung. Der Gesetzgeber lasse in § 7k Abs 1 BEinstG in keiner Weise erkennen, dass er eine Frist für die Stellung des Antrags auf Schlichtung beim Bundessozialamt vorsehe.

§ 7k Abs 1 BEinstG bestimmt, dass vor der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen gem §§ 7e bis 7i BEinstG beim Bundessozialamt ein Schlichtungsverfahren gem §§ 14 ff BGStG durchgeführt werden muss und regelt diesbezüglich einige weitere Detailfragen. In § 7k Abs 2 BEinstG werden (unübersehbar) für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche verschieden lange Fristen normiert. Im Fall der Anfechtung einer Kündigung beträgt die Frist gem § 7k Abs 2 Z 2 BEinstG 14 Tage ab Zugang der Kündigung. Die sich sofort aufdrängende Frage, wie sich die gerichtliche Kündigungsanfechtung binnen 14 Tagen ab Zugang der Kündigung ausgehen soll, wenn vorher noch das Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt nach § 7k Abs 1 BEinstG absolviert werden muss, beantwortet § 7k Abs 4 BEinstG. Nach dieser Bestimmung bewirkt die Einleitung des Schlichtungsverfahrens (§ 14 Abs 2 BGStG) die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung.

Daraus folgert das überwiegende Schrifttum, dass das Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt binnen der jeweiligen Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach § 7k Abs 2 BEinstG eingeleitet werden muss, wenn sich daran die gerichtliche Geltendmachung anschließen soll. Eine Frist kann nämlich begriffsnotwendig nur dann "gehemmt" werden, wenn sie noch nicht abgelaufen ist. Der Auffassung der hL schließt sich auch der Senat an. Nach allgemeinem Verständnis bedeutet nämlich Hemmung einen Eingriff in den Fristenlauf. Nach Fristablauf ist dieser Eingriff in den Fristenlauf naturgemäß nicht mehr möglich.