07.07.2006 Strafrecht

OGH: Eine ins Gewicht fallende Säumigkeit in Haftsachen ist auch ohne Verletzung des § 180 Abs 1 zweiter Satz StPO grundrechtswidrig im Sinne einer Verletzung des § 193 Abs 1 StPO


Schlagworte: Strafprozessrecht, Grundrechtsbeschwerde, Untersuchungshaft
Gesetze:

GRBG, §§ 180 Abs 1 zweiter Satz, 193 Abs 1 StPO

In seinem Erkenntnis vom 15.05.2006 zur GZ 13 Os 48/06t hatte sich der OGH mit der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft auseinanderzusetzen:

Der bislang unbescholtene Walter N***** wurde des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und zweier Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB für schuldig erkannt. Nachdem die Hauptverhandlung ohne Ladung der beantragten und zur Alibibeweisführung aufgebotenen Zeugen und Sachverständigen anberaumt wurde, war eine Vertagung nötig.

Dazu der OGH: Bei der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft ist in zwei Schritten zu prüfen, ob angesichts der vom Gericht angeführten bestimmten Tatsachen der von diesem gezogene Schluss auf ein ausgewogenes Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe vertretbar war (§ 180 Abs 1 zweiter Satz StPO) und - zusätzlich nach Maßgabe eigener Beweiswürdigung - ob die Gerichte alles ihnen Mögliche zur Abkürzung der Haft unternommen haben (§ 193 Abs 1 StPO).