08.09.2006 Strafrecht

OGH: Bei der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft ist zu prüfen, ob angesichts der vom Beschwerdegericht angeführten bestimmten Tatsachen der von diesem gezogene Schluss auf ein ausgewogenes Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe vertretbar war und ob die Gerichte alles ihnen Mögliche zur Abkürzung der Haft unternommen haben


Schlagworte: Strafprozessrecht, Grundrechtsbeschwerde, Untersuchungshaft, Verhältnismäßigkeit
Gesetze:

GRBG, § 180 Abs 1 zweiter Satz StPO , 193 Abs 1 StPO

In seinem Erkenntnis vom 12.07.2006 zur GZ 13 Os 70/06b hat sich der OGH mit der Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft befasst:

OGH: Was die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft anlangt, prüft der OGH, ausgehend von der Vorgabe des GRBG (wonach nicht die Haft, vielmehr die vom Oberlandesgericht getroffene Entscheidung über die Haft den Prozessgegenstand bildet) in jüngerer, jedoch bereits gefestigter Rechtsprechung in zwei Schritten, ob angesichts der vom Beschwerdegericht angeführten bestimmten Tatsachen der von diesem gezogene Schluss auf ein ausgewogenes Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe vertretbar war (§ 180 Abs 1 zweiter Satz StPO) und - zusätzlich nach Maßgabe eigener Beweiswürdigung - ob die Gerichte alles ihnen Mögliche zur Abkürzung der Haft unternommen haben (§ 193 Abs 1 StPO). Eine ins Gewicht fallende Säumigkeit in Haftsachen ist demnach auch ohne Verletzung des § 180 Abs 1 zweiter Satz StPO grundrechtswidrig im Sinn einer Verletzung des § 193 Abs 1 StPO.