16.09.2006 Strafrecht

OGH: Ein Formgebrechen des beim Bezirksgericht eingebrachten Antrags auf Bestrafung ist nicht als Verfolgungsrücktritt des Privatanklägers gemäß § 46 Abs 3 StPO zu interpretieren


Schlagworte: Strafprozessrecht, Privatankläger, Antrag auf Bestrafung, Formgebrechen, Einstellung
Gesetze:

§ 207 Abs 2 StPO, § 451 Abs 1 StPO, § 457 StPO, § 46 Abs 3 StPO

In seinem Erkenntnis vom 14.06.2006 zur GZ 13 Os 30/06w hat sich der OGH mit dem Antrag auf Bestrafung befasst:

Der Privatankläger führte aus, dass ihm von Rechtsanwalt Dr. Hans T***** in einem Schriftsatz "wissentlich und absichtlich falsch, breit aufgefächert sittenwidriges Verhalten (auch iSd § 1295 Abs 2 ABGB) vorgeworfen" werde, womit "der Tatbestand des § 111 StGB erfüllt" sei und beantragte die Anberaumung einer Hauptverhandlung und Bestrafung des Beschuldigten.

Nach Durchführung einer Hauptverhandlung fasste das Bezirksgericht einen Beschluss auf Einstellung des Verfahrens gemäß § 46 Abs 3 StPO. Die eingebrachte Privatanklage erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen einer Anklageschrift bzw eines Antrags auf Bestrafung nicht (keine Benennung der strafbaren Handlung und der anzuwendenden Gesetzesstellen (§ 111 Abs 1 oder Abs 2 StGB).

Dazu der OGH: Indem das Bezirksgericht bloß das Fehlen von in § 451 Abs 1 zweiter Satz iVm § 207 Abs 2 Z 3 und 4 StPO geforderten Angaben in der als fristgerecht eingebracht angesehenen Privatanklage als Grund für die Einstellung des Verfahrens angeführt hat, hat es inhaltlich keinen der zur Verfahrenseinstellung führenden Fälle des § 46 Abs 3 StPO, sondern vielmehr das Vorliegen von Formgebrechen des Antrags auf Bestrafung bejaht und diesen deshalb durch Einstellung des Verfahrens endgültig beseitigt.

Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung über das Vorgehen bei Formgebrechen des beim Bezirksgericht eingebrachten Antrags auf Bestrafung. Die vom Erstgericht sinngemäß angestellte Interpretation dieses Schweigens des Gesetzgebers, aus dem Verstoß gegen die Formvorschrift des § 451 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 207 Abs 2 Z 3 und Z 4 StPO sei die Vermutung des Verfolgungsrücktrittes des Privatanklägers gemäß § 46 Abs 3 StPO abzuleiten, entbehrt einer gesetzlichen Grundlage. Der Privatankläger wäre zum Vortrag der Anklage (§ 457 StPO) einzuladen gewesen, bei welcher Gelegenheit ihn der Richter auch zur Vornahme der für erforderlich erachteten Verbesserungen hätte auffordern können.