22.09.2006 Strafrecht

OGH: Für Haftverhandlungen ist eine kurzfristige Verständigung des Verteidigers vom Termin nicht unzulässig


Schlagworte: Strafprozessrecht, Grundrechtsbeschwerde, Haftverhandlung, Amtsverteidiger
Gesetze:

GRGB, Art 6 MRK, § 41 Abs 3 StPO, § 181 Abs 4 StPO

In seinem Erkenntnis vom 27.07.2006 zur GZ 12 Os 76/06b hat sich der OGH mit der Grundrechtsbeschwerde befasst:

Die Haftverhandlung wurde vom Untersuchungsrichter am 02.05.2006 - dem letzten Tag der zuletzt ausgelösten zweimonatigen Haftfrist - in den Morgenstunden des letztgenannten Tages für 13.00 Uhr anberaumt. Eine Zustellung der Ladung an denVerteidiger scheiterte. Daraufhin beschloss der Untersuchungsrichter die auf die Durchführung der Haftverhandlung beschränkte Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 3 StPO. Die Angeklagte sieht darin eine Verletzung des Grundrechts auf "rechtlichen Beistand iSd Art 6 Abs 3 lit c MRK".

Dazu der OGH: Weil für Haftverhandlungen (anders als für Hauptverhandlungen) im Gesetz keine Vorbereitungsfristen vorgesehen sind, ist selbst eine kurzfristige Verständigung des Verteidigers vom Termin nicht unzulässig, zumal dieser - wie hier - vom Ende der Haftfrist in Kenntnis war und daher von einer an ihrem letzten Tag anberaumten Haftverhandlung in einer seine Vorbereitung beeinträchtigenden Weise nicht überrascht werden konnte. Im gegebenen Kontext ist festzuhalten, dass ein vom Gerichtsort verschiedener Niederlassungsort des Verteidigers mangels Unvorhersehbarkeit oder Unabwendbarkeit eines Ereignisses keinen Verlegungsgrund für die Haftverhandlung nach § 181 Abs 4 StPO begründet. Der Verteidiger ist in einem solchen Fall vielmehr verpflichtet, bei - wie hier - eindeutig absehbarer kurzfristig erforderlicher Disposition seitens des Untersuchungsrichters im Mandanteninteresse entsprechende Vorkehrungen zu treffen.