24.01.2007 Strafrecht

OGH: Auch Abweichungen in der rechtlichen Beurteilung des von der Anklage erfassten Sachverhalts können als Nichtbeachtung des § 262 StPO aus § 281 Abs 1 Z 8 StPO releviert werden


Schlagworte: Strafprozessrecht, Nichtigkeitsgrund
Gesetze:

§ 281 Abs 1 Z 8 StPO, Art 6 Abs 3 EMRK

In seinem Erkenntnis vom 08.11.2006 zur GZ 13 Os 87/06b hat sich der OGH mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 8 StPO befasst:

OGH: Auch Abweichungen in der rechtlichen Beurteilung des von der Anklage erfassten Sachverhalts können als Nichtbeachtung des § 262 StPO aus § 281 Abs 1 Z 8 StPO releviert werden. Stets dann, wenn - ungeachtet der Identität von Anklage- und Urteilsfaktum im prozessualen Sinn - der Angeklagte einer gegenüber dem inkriminierten Sachverhalt anderen Tat (auch bloß) im materiellen Sinn schuldig erkannt wird, liegt der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 8 StPO vor. Ist mit anderen Worten das Tatbild (die äußere Tatseite) der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) von jenem des Anklagetenors (§ 207 Abs 2 Z 2 StPO) derart verschieden, dass sich die jeweils angenommenen Tatbilder nicht überdecken, unterstellt der OGH ohne Weiteres das Erfordernis einer dem § 262 StPO entsprechenden Belehrung, ohne welche dem Grundrechtsgebot des Art 6 Abs 3 lit a oder b MRK nicht entsprochen wird. Geht es aber um Abweichungen geringerer Relevanz, ist es Sache des Beschwerdeführers, im Rechtsmittel das Belehrungserfordernis (wenigstens einigermaßen) plausibel zu machen, um unnötige Rechtsgänge zu vermeiden.