27.07.2007 Strafrecht

OGH: Ausführungen zur Verwendung einer fremden E-Card


Schlagworte: E-Card, Betrug, Urkunde, Ausweis
Gesetze:

§ 147 Abs 1 StGB, § 231 StGB, § 74 Abs 1 Z 7 StGB

In seinem Erkenntnis vom 08.05.2007 zur GZ 15 Os 6/07g hat sich der OGH mit der E-Card befasst:

OGH: § 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB knüpft an die zur Täuschung erfolgte Benützung falscher oder verfälschter Daten an. Parallel zu den Begriffen der falschen oder verfälschten Urkunden sind falsche (= "unechte") Daten iSd genannten Bestimmung solche, die nicht von der Person stammen, die als Hersteller bzw Aussteller angegeben ist; verfälschte Daten hingegen sind ursprünglich echte, die nachträglich durch Austausch der Angabe des Herstellers oder Ausstellers oder durch einen anderen gedanklichen Inhalt geändert wurden.

Bei der sog E-Card handelt es sich um eine gem § 31a ASVG für das elektronische Verwaltungssystem (ELSY) im gesamten Vollzugsbereich der Sozialversicherung zu verwendende Chipkarte, die als Schlüsselkarte gestaltet ist, eine Authentifizierung des Karteninhabers (der Karteninhaberin) im elektronischen Verkehr zulässt und dem (der) berechtigten Verwender(in) nach Zustimmung des Betroffenen den Zugriff auf persönliche Daten, die bei anderen Stellen gespeichert sind, möglich macht. Auf dieser Chipkarte dürfen nach § 31a Abs 3 ASVG (nur) folgende Daten gespeichert werden: Angaben zur Person, für die die Chipkarte ausgestellt ist, wie Name, Geburtsdatum, Geschlecht und Versicherungsnummer (Z 1), die Bezeichnung des Chipkartenausstellers, das Datum der Ausstellung und die Chipkartennummer samt Gültigkeitskennzeichnung (Z 2) sowie sonstige Daten, deren Speicherung bundesgesetzlich vorgesehen ist (Z 3). Damit kommt ihr jedoch nicht nur Urkundencharakter, sondern angesichts ihrer Ausstellung im Rahmen der den Sozialversicherungsträgern zukommenden Verwaltungsaufgaben und der aus ihr ersichtlichen Daten wie Name, Versicherungsnummer und Sozialversicherungsträger - ungeachtet des Fehlens eines Lichtbildes - darüber hinaus Ausweisfunktion iSd § 231 StGB zu.

Im Zuge der Verwendung einer für eine andere Person ausgestellten E-Card bei einem Arztbesuch und der Behauptung, berechtigter Inhaber dieser Karte zu sein, findet aber kein Eingriff in die auf dieser Karte oder bei anderen Stellen gespeicherten Daten statt. Bezogen auf die Ausstelleridentität werden dadurch nämlich weder falsche Daten hergestellt noch ursprünglich echte Daten nachträglich verfälscht. Zu einer Änderung des gedanklichen Inhalts der gespeicherten inhaber- und ausstellerbezogenen Daten kommt es dadurch ebenfalls nicht. Bei dem durch die Verwendung einer fremden E-Card ausgelösten Verrechnungsvorgang zwischen Arzt und Sozialversicherungsträger werden auch keine inhaltlich unrichtigen Daten mit eigenem Beweiswert hergestellt. Aber selbst bei gegenteiliger Ansicht scheitert die Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes des § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB fallbezogen schon daran, dass sich die Täuschungshandlung in der Irreführung des Arztes über die Identität und den - tatsächlich nicht bestehenden - Versicherungsschutz erschöpfte, zum Zeitpunkt der Herstellung allfälliger inhaltlich unrichtiger Daten somit bereits abgeschlossen war und daher ohne deren Benützung erfolgte. Da es sich bei der E-Card mangels bargeldähnlicher Einsetzbarkeit nicht um ein unbares Zahlungsmittel iSd § 74 Abs 1 Z 10 StGB handelt, scheidet auch die Anwendung des zweiten Falles des § 147 Abs 1 Z 1 StGB aus.