07.10.2007 Strafrecht

OGH: Eine nach § 25 StPO unzulässige, einem staatlichen Organwalter zurechenbare und daher gegen das fair-trial-Gebot des Art 6 Abs 1 MRK verstoßende Tatprovokation ist bei der Strafzumessung - zu Gunsten des Angeklagten - zu berücksichtigen


Schlagworte: Tatprovokation, Strafmilderung
Gesetze:

Art 6 MRK, Art 34 MRK, § 25 StPO

In seinem Erkenntnis vom 08.08.2007 zur GZ 15 Os 72/07p hat sich der OGH mit der Tatprovokation befasst:

Die Angeklagten boten Suchtgift in großen Mengen einem verdeckten Ermittler der Sicherheitsbehörde zum Kauf an.

Dazu der OGH: Im gegebenen Fall zielte der im Verfahren über die Strafberufung gestellte Antrag auf den Nachweis einer einem staatlichen Organwalter zurechenbaren, somit gegen Art 6 Abs 1 MRK verstoßenden Tatprovokation (durch eine vom verdeckten Ermittler eingesetzte Vertrauensperson), die bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen ist: Art 6 MRK hindert zwar nicht, dass der Angeklagte im Fall des gesetzlichen Nachweises seiner Schuld (Art 6 Abs 2 MRK) selbst bei einer einem staatlichen Organwalter zurechenbaren Tatprovokation dennoch für die Tat verurteilt wird, ist doch aus diesem Konventionsverstoß kein materieller Straflosigkeitsgrund für die provozierte Straftat abzuleiten. Allerdings kann das Vorliegen einer Tatprovokation durch Organwalter des Staates bei der Sanktionsfindung angemessen in Rechnung gestellt und ein gerechter Ausgleich dafür gefunden werden, dass der Angeklagte das - dessen ungeachtet - verpönte Verhalten ohne diese Einflussnahme nicht gesetzt hätte. Dabei ist der mit Blick auf die Beseitigung der sog Opfereigenschaft aus Art 34 MRK folgenden Verpflichtung zu entsprechen, die Berücksichtigung einer solchen Tatprovokation durch eine ausdrückliche und messbare Strafmilderung zum Ausdruck zu bringen.