14.10.2007 Strafrecht

OGH: Ausführungen zur Untersuchungshaft und zum Beschleunigungsgebot iSd § 193 Abs 1 StPO


Schlagworte: Strafprozessrecht, Grundrechtsbeschwerde, Untersuchungshaft, Beschleunigungsgebot, Urlaub, Zustellschwierigkeiten
Gesetze:

GRGB, § 180 StPO, § 193 Abs 1 StPO

In seinem Erkenntnis vom 22.08.2007 zur GZ 14 Os 106/07f hat sich der OGH mit der Grundrechtsbeschwerde befasst:

Mit Beschluss vom 19. April 2007 verhängte die Untersuchungsrichterin des LG Wiener Neustadt über Elena O***** die Untersuchungshaft aus den Haftgründen des § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit b StPO. Nach Rechtskraft der Anklage (teils vollendeter, teils versuchter gewerbsmäßig durch Einbruch verübter Diebstahl) am 1. Juni 2007 beraumte die Vorsitzende des Schöffengerichtes desselben Gerichtshofes am 6. Juni 2007 die Hauptverhandlung für den 12. September 2007 an. Mit weiterem Beschluss vom 4. Juli 2007 wurde die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den schon bisher angenommenen Haftgründen angeordnet, ohne auf die in der Haftverhandlung vorgebrachte Kritik des Verteidigers an der späten und verfahrensverzögernden Terminfestlegung zu reagieren.

Dazu der OGH: Weshalb es trotz andauernder Untersuchungshaft einer mehrmonatigen Vorbereitungszeit bedarf, um die Zustellung von Ladungen an in Österreich wohnenden Zeugen sicherzustellen, bleibt schlechterdings unerfindlich. Die in den Sommermonaten infolge Urlaubs vermehrt auftretenden Zustellschwierigkeiten schließen eine umgehende Ladung zu einem früheren Termin nicht aus; überdies bietet die Anberaumung eines mehr als drei Monate in der Zukunft liegenden Hauptverhandlungstermins keine Garantie, dass die zu ladenden Zeugen zum in Aussicht genommenen Verhandlungszeitpunkt nicht verhindert sein könnten.

Die Festsetzung der Hauptverhandlung auf einen mehr als drei Monate nach Übermittlung des Aktes an die Vorsitzende liegenden Termins in einem keineswegs umfangreichen oder rechtlich schwierigen Verfahren, in dem die Angeklagte zu dem seit 19. April 2007 in Untersuchungshaft angehalten ist und neben der Ausschreibung der Hauptverhandlung, in der lediglich die Einvernahme von vier im Inland wohnhaften Zeugen geplant ist, keine weiteren Erhebungen im Zwischenverfahren erforderlich sind, widerspricht daher dem sich aus § 193 Abs 1 StPO ergebenden Beschleunigungsgebot.