27.12.2007 Strafrecht

OGH: Amtsmissbrauch und echte Konkurrenz

Geht einem Missbrauch der Amtsgewalt ein allgemeines Delikt voraus, so liegt echte Konkurrenz vor


Schlagworte: Amtsmissbrauch, echte Konkurrenz
Gesetze:

§ 302 StGB, § 146 StGB, § 28 StGB

GZ 14 Os 80/07g, 16.10.2007

Die Subsumtionsrüge setzt mit ihrer Kritik an der angenommenen Realkonkurrenz zwischen den Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt (als Gerichtskommissär) und des versuchten schweren Betruges an, wonach der Angeklagte Missbrauch der Amtsgewalt begangen habe, "um die Sparguthaben in weiterer Folge für verlassenschaftsfremde Zwecke zu verwenden".

OGH: Die beiden Verbrechen mögen wohl in einem sinnfälligen Zusammenhang stehen, die Annahme von Scheinkonkurrenz scheitert jedoch vorliegend daran, dass die Merkmale des Betruges bei der Begehung des Sonderdelikts nicht mitverwirklicht wurden. Die mit Bereicherungsvorsatz gesetzte Betrugs(Ketten-)Bestimmung wurde zwar unter Missbrauch einer Sachwalterposition, nicht aber in Form der - damals noch nicht bekannten - Eigenschaft als Gerichtskommissär, sohin Beamter, gesetzt. Die Überlegung, bei einem der beiden Verbrechen könnte es sich um eine straflose Vor- oder Nachtat handeln, geht fehl. Geht einem Missbrauch der Amtsgewalt - wie hier aufgrund des zeitlichen Tatablaufs - ein allgemeines Delikt voraus, so liegt echte Konkurrenz vor. Schließlich kommt auch der These, die - im Versuchsstadium verbliebene - Liquidierung der Sparbücher sei für den - vollendeten schadensqualifizierten (für § 302 Abs 2 zweiter Fall StGB ist Bereicherungsvorsatz nicht Voraussetzung) Missbrauch der Amtsgewalt "konstituierend" gewesen, Berechtigung nicht zu, weil die Weitergabe der dem Nichtigkeitswerber in seiner Eigenschaft als Sachwalter zugekommenen Sparbücher zu dolosen Zwecken ihrer Art nach nicht als Amtshandlung eines Gerichtskommissärs aufgrund der ihm übertragenen Amtsgewalt gelten kann. Denn nicht alle Handlungen, die ein Beamter während seiner Dienstausübung begeht, können als Amtsgeschäfte iSd § 302 StGB angesehen werden, sondern nur solche, die er in seiner Eigenschaft als Organ des Bundes bzw einer Gebietskörperschaft ausführt. Handlungen, die ohne Ausübung einer amtlichen Gewalt begangen werden und daher von jeder anderen Privatperson bei sich bietender Gelegenheit hätten gesetzt werden können, scheiden aus. Der versuchte schwere Betrug stellt sich daher auch nicht phasenweise als Ausübung der (damit missbrauchten) Befugnis des Beschwerdeführers zur Vornahme von Amtsgeschäften dar, sodass die solcherart geforderte Bedingung für die Verdrängung des allgemein strafbaren Delikts nicht erfüllt ist. Die - ungleichartige - echte Realkonkurrenz zieht die Erfüllung der Schadensqualifikation bei beiden Delikten nach sich.