19.06.2008 Strafrecht

OGH: Bildnisveröffentlichung zur Aufklärung von Straftaten

Die Veröffentlichung eines Personenbildes als freie Werknutzung gem § 41 UrhG im Interesse der im Rahmen der öffentlichen Sicherheit wahrzunehmenden Strafrechtspflege setzt einen bestimmten ausdrücklichen Aufruf der Sicherheitsbehörden zur Bildnisveröffentlichung nicht voraus; für die Veröffentlichung in freier Werknutzung genügt vielmehr, wenn bei den Sicherheitsbehörden Bildnisse zur Veröffentlichung aufliegen und im Kontext mit deren Publikation auf tatsächlich noch anhängige strafbehördliche Ermittlungen zur Aufklärung einer strafbaren Handlung hingewiesen wird


Schlagworte: Strafrechtspflege, Urheberrecht, freie Werknutzungen im Interesse der Rechtspflege und der Verwaltung, Bildnisveröffentlichung, öffentliche Sicherheit
Gesetze:

§ 41 UrhG

GZ 4 Ob 170/07i, 11.03.2008

Die Beklagte (sie verlegt und vertreibt eine periodische Druckschrift) vertritt in ihrem Rechtsmittel die Auffassung, dass das Urheberrecht der Benutzung eines Werks in Presseberichten dann nicht entgegenstehe, wenn die Bildnisveröffentlichung dem Interesse der Aufklärung von Straftaten (hier: Entführung eines Mädchens) diene; dies unabhängig davon, ob die Veröffentlichung auf Ersuchen einer Behörde erfolge oder nicht.

OGH: Durch die UrhG-Novelle 2003 erfolgte die Umsetzung von Art 5 Abs 3 lit e der Info-RL, womit eine inhaltliche Erweiterung des § 41 UrhG einher ging, indem die Beschränkung auf Beweiszwecke entfiel und die zulässige freie Werknutzung auf parlamentarische Verfahren ausgedehnt wurde. Die öffentliche Sicherheit ist ein weit gefasster Begriff; sieerfasst insbesondere die Kriminalberichterstattung, in deren Zusammenhang zum Beispiel Fotos über amtliche Veranlassung der Sicherheitsbehörden verwendet werden dürfen, ohne dass es hierzu der Zustimmung des Urhebers bedarf. Auch wenn der Tatbestand durch die Umsetzung der Info-RL erweitert wurde, hat dies auf den hier zu behandelnden Sachverhalt keine konkrete Auswirkung. Die einzige Neuerung ist, dass die Förderung der Strafrechtspflege nunmehr unter den allgemeinen Begriff der öffentlichen Sicherheit fällt.

Es trifft zu, dass an die aufklärende Tätigkeit der Presse iZm Kriminalfällen bei § 41 UrhG nicht gedacht wurde. Unter dem Titel der Strafrechtspflege dürfen Medien jedenfalls nicht Bilder ohne Zustimmung deren Urheber veröffentlichen. Vielmehr muss sich die Abbildung eines Fotos im Rahmen der Strafrechtspflege aus einer amtlichen Veranlassung der Sicherheitsbehörden ableiten lassen. Eine ausdrückliche Aufforderung ist demgegenüber nicht erforderlich. Die normale Verwertung des Werks bzw des sonstigen Schutzgegenstands darf aber nicht beeinträchtigt und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht verletzt werden. § 41 UrhG ist nach seinem Zweck (teleologisch) auszulegen. Es war nicht die Absicht des Gesetzgebers, der Presse die Möglichkeit einzuräumen, aus eigenem Antrieb Strafrechtspflege zu betreiben, es soll nur diese nicht durch Urheberrechte beeinträchtigt werden.

Auch wenn im Anlassfall kein ausdrücklicher Aufruf zur Veranlassung bestimmter Veröffentlichungen erfolgte, lagen zwei Fotos des vermissten Mädchens zu diesem Zweck bei den Sicherheitsbehörden auf. Da die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden und das Strafverfahren bis Mitte November 2006 - das Mädchen war vom 2. März 1998 bis 23. August 2006 abgängig - andauerten, kann durchaus angenommen werden, dass die Veröffentlichungen (teilweise auch) der Strafrechtspflege durch die Sicherheitsbehörden dienten. Es ist allerdings zwischen jenen Artikeln der Beklagten zu unterscheiden, in denen auf einen möglichen Mittäter des zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Entführers hingewiesen wurde, und jenen, die in keinem Zusammenhang mit der Aufklärung einer strafbaren Handlung standen.