21.08.2008 Strafrecht

OGH: Differenzierung zwischen Behördenbetrug ieS und Prozessbetrug?

Für den in 15 Os 190/87 angedeuteten Ansatz zu strafrechtlicher Differenzierung zwischen Behördenbetrug ieS und Prozessbetrug finden sich keine stichhaltigen Argumente


Schlagworte: Betrug, Behördenbetrug, Prozessbetrug
Gesetze:

§ 146 StGB

GZ 13 Os 122/07a, 14.05.2008

OGH: Während "Behördenbetrug" ieS Fälle betrifft, in denen es um vorsätzliche Falschangaben einer Partei gegenüber einer Behörde zur Erlangung vermögenswerter Leistungen von dem durch sie vertretenen Rechtsträger geht, werden unter der Bezeichnung "Prozessbetrug" Fälle erfasst, in denen ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde über einen Anspruch einer Partei gegen eine andere zu erkennen hat, in denen also in einem kontradiktorischen Verfahren zu entscheiden ist.

Bei Behördenbetrug ieS und Prozessbetrug sind vorsätzliche falsche Angaben einer Partei gegenüber der Behörde zur Erlangung vermögensrechtlicher Leistungen auch dann als Täuschung über Tatsachen zu beurteilen, wenn die Behörde zur Überprüfung der Angaben verpflichtet ist und wenn keine falschen Beweismittel und Bescheinigungsmittel aufgeboten wurden, können doch an die Redlichkeit einer sich insoweit erklärenden Person keine geringeren Anforderungen gestellt werden als im Rechtsleben und Geschäftsleben zwischen Privaten. Vornehmlich aus diesem Grund vermag sich der OGH der Auffassung von Kienapfel und Schmoller, bloßes falsches Tatsachenvorbringen einer Partei oder eines Rechtsanwalts in einem kontradiktorischen Verfahren sei aus der Betrugsstrafbarkeit auszunehmen, weil das Vorbringen einer Partei oder ihres Anwalts im Rechtsverkehr ohnehin nur dahin verstanden werde, dass es sich um eine Behauptung unsicherer Tatsachen im Rechtsverkehr handle, nicht anzuschließen. Zudem teilt der OGH nicht die dieser Auffassung zugrunde liegende Wertung dessen, wie "das Vorbringen einer Partei oder ihres Anwalts im Rechtsverkehr" allgemein verstanden werde. Diese Auffassung liefe darauf hinaus, dass unwahres (täuschendes) Vorbringen, um sich (durch das Verhalten des Getäuschten) unrechtmäßig Vermögensvorteile zu verschaffen (und den Getäuschten oder einen anderen entsprechend zu schädigen), als (allenfalls nur versuchter) Betrug strafbar ist, solange es außergerichtlich geschieht (zB durch Absenden einer unrichtigen Schadensmeldung an die Versicherung), jedoch straflos, wenn es im Zug eines Zivilprozesses erstattet wird, der in solchen Fällen darauf angelegt ist, den auf Betrug gerichteten Tatplan, mit dessen Verwirklichung der Täter außergerichtlich begonnen hat, vor Gericht (und mit dessen gutgläubig geleisteter Hilfe) zu Ende zu führen. Darin wäre ein Wertungswiderspruch zu erblicken, dessen Vermeidung zur Gleichbehandlung führt.