18.09.2008 Strafrecht

OGH: Zur Frage, ob das Durchsetzungsverfahren nach § 20 MedienG den Garantien des Art 6 Abs 1 MRK unterworfen ist

Das Durchsetzungsverfahren nach § 20 MedienG ist den Garantien des Art 6 Abs 1 MRK unterworfen, sofern es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch des Antragstellers bzw um eine zivilrechtliche Verpflichtung des Antragsgegners handelt


Schlagworte: Medienrecht, Urteilsveröffentlichung, Geldbuße, zivilrechtliche Verpflichtung, Garantien der MRK
Gesetze:

§ 7b MedienG, § 8a MedienG, § 13 MedienG, § 20 MedienG, § 34 MedienG, Art 6 Abs 1 MRK

GZ 15 Os 22/08m, 05.06.2008

In einer Medienrechtssache wurde der Antragsgegner als Medieninhaber der Zeitung zu einer Entschädigungszahlung sowie zur Urteilsveröffentlichung verpflichtet. Der Antragsgegner behauptet eine Verletzung seiner Grundrechte auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK.

OGH: Ist in einem Urteil, in dem aufgrund eines selbständigen Antrags eine Entschädigung nach § 7b MedienG zuerkannt wurde, auch eine Urteilsveröffentlichung angeordnet, so ist gemäß § 8a Abs 6 iVm § 34 Abs 4 MedienG betreffend die Durchsetzung der Veröffentlichung § 20 MedienG sinngemäß anzuwenden. Während § 13 MedienG Zeitpunkt und Form der Veröffentlichung bestimmt, sieht § 20 Abs 1 MedienG vor, dass das Gericht auf Verlangen des Antragstellers dem dazu angehörten Antragsgegner die Zahlung einer Geldbuße aufzuerlegen hat, wenn dem gerichtlichen Veröffentlichungsauftrag nicht oder nicht gehörig entsprochen wurde. Für jede erschienene Nummer gebührt ab dem im § 13 Abs 1 MedienG bezeichneten Zeitpunkt, in dem eine gehörige Urteilsveröffentlichung hätte erfolgen sollen, eine Geldbuße bis zu 1.000 Euro. Der Anspruch nach § 20 MedienG ist wesensmäßig zivilrechtlicher Natur. Die Geldbuße ist zwar primär Beugemittel, aber auch Abgeltung für die durch Nichtentsprechung der Veröffentlichung erlittene Unbill des Antragstellers, und dient somit nicht bloß der Durchsetzung der gerichtlichen Anordnung, sondern auch der Befriedigung eines (höchstpersönlichen) Schadenersatzanspruchs. Handelt es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch des Antragstellers bzw um eine zivilrechtliche Verpflichtung des Antragsgegners, so ist das Verfahren, in dem darüber erkannt wird, nämlich das Durchsetzungsverfahren nach § 20 MedienG, den Garantien des Art 6 Abs 1 MRK unterworfen; dies unbeschadet seines Charakters als Verfahren zur Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung, zumal nach der Rechtsprechung des EGMR die Vollstreckung eines Urteils im Lichte des Art 6 MRK - insbesondere unter dem Aspekt der Verfahrensdauer - als Bestandteil des Verfahrens anzusehen ist.