02.10.2008 Strafrecht

OGH: Keine Bindung des Gerichtes an die in der Anklageschrift enthaltene Bezeichnung der Tat

Das Gericht ist bei der Urteilsfindung nicht an die in der Anklageschrift enthaltene Bezeichnung der Tat gebunden


Schlagworte: Strafprozessrecht, Bindung, Bezeichnung der Tat, prozessualen Tatbegriff
Gesetze:

§ 262 StPO, Art 6 EMRK

GZ 13 Os 60/08k, 23.07.2008

Da hinsichtlich der Tathandlungen die Anklage in der Hauptverhandlung rechtlich umqualifiziert wurde, beantragte der Angeklagte die Vertragung der Hauptverhandlung.

OGH: Ein Antrag auf Vertagung der Hauptverhandlung zwecks besserer Vorbereitung ist im Licht des Art 6 Abs 3 lit b MRK zu prüfen. Hinsichtlich der Tathandlungen wurde die Anklage in der Hauptverhandlung nur rechtlich umqualifiziert, was im Übrigen nach dem Gesetz nicht erforderlich war, weil das Gericht bei der Urteilsfindung nicht an die in der Anklageschrift enthaltene Bezeichnung der Tat gebunden ist (§ 262 letzter Satz StPO). Die StPO stellt insoweit auf den sog prozessualen Tatbegriff, also darauf ab, ob Anklage und Urteil denselben Lebenssachverhalt meinen. Da durch die Modifikation der Anklage sohin keine Änderung in dem zu beurteilenden Sachverhaltssubstrat eingetreten ist, geht das Antragsvorbringen, Zeit zu benötigen, um weitere Beweismittel beibringen zu können, schon im Ansatz fehl. Dass allein der geänderte rechtliche Blickwinkel zusätzliche Vorbereitungszeit erfordert hätte, wurde inhaltlich nicht einmal behauptet.