06.11.2008 Strafrecht

OGH: Zur Berücksichtigung eines noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs im Strafverfahren

Die Berücksichtigung eines noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs verstößt gegen die Unschuldsvermutung


Schlagworte: Strafprozessrecht, Schuldspruch, nicht rechtskräftig, Mangelrüge, Unschuldsvermutung
Gesetze:

Art 6 EMRK, § 281 StPO, § 285e StPO, § 288 StPO

GZ 13 Os 101/08i, 27.08.2008

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls schuldig erkannt. Gegen das Urteil wurde Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, da ein noch nicht in Rechtskraft erwachsener Schuldspruch berücksichtigt wurde.

OGH: Zutreffend reklamiert die Mängelrüge die Berücksichtigung eines noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs sowie die Tatsache der Anklageerhebung in Betreff weiterer dem Beschwerdeführer vorgeworfener Taten zur Begründung einer auf wiederkehrende Begehung zu fortlaufender Einnahmeerzielung gerichteten Absicht als Verstoß gegen die aus Art 6 Abs 2 MRK erhellende Unschuldsvermutung. Der die Beurteilung der Beweismittel zur Frage gewerbsmäßiger Begehung abschließende Satz: "In diesem Zusammenhang ist auf die nicht rechtskräftige Entscheidung 17 Hv 41/07d zu verweisen, außerdem auf die ausgeschiedenen Fakten." zeigt tatsächlich auf, dass das Schöffengericht ohne gesetzlichen Nachweis auch insoweit von der Schuld des Angeklagten ausgegangen, zu seinem Nachteil mithin eine grundrechtswidrige Schuldvermutung in Anschlag gebracht hat. Es ist daher nicht auszuschließen, dass diese Vermutung die Beweiswürdigung zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst hat, sodass das Urteil im betroffenen Teil unter einer zutreffend geltend gemachten Nichtigkeit aus Z 5 vierter Fall leidet, was zur Aufhebung des Urteils im Umfang der Subsumtion der Taten auch nach § 130 vierter Fall StGB und demzufolge im Strafausspruch samt davon abhängigem, nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO gefasstem - von der Staatsanwaltschaft angefochtenen - Beschluss führt (§§ 285e erster Satz, 288 Abs 2 Z 1 StPO).