01.01.2009 Strafrecht

OGH: Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung gem § 268 StPO

Die nach Urteilsverkündung einem Angeklagten zu erteilende Rechtsmittelbelehrung hat nicht nur die Aufklärung darüber zu umfassen, inwieweit die Möglichkeit besteht, das Urteil mit Rechtsmitteln zu bekämpfen, sondern ua auch die Belehrung über die dreitägige Frist (einschließlich der Nennung des letzten Tages derselben), binnen der die Rechtsmittel bei sonstigem Ausschluss anzumelden sind


Schlagworte: Strafprozessrecht, Verkündung und Ausfertigung des Urteiles, Rechtsmittelbelehrung
Gesetze:

§ 268 StPO

GZ 11 Os 151/08b, 21.10.2008

Die dem Verurteilten im Auftrag der Richterin durch die Dolmetscherin in die englische Sprache übersetzte Rechtsbelehrung beschränkte sich auf den Hinweis, dass er zwischen den Möglichkeiten, das Urteil anzunehmen oder dagegen Berufung zu erheben, wählen könne, wobei er seine Entscheidung dem Gericht entweder sogleich oder nach Rücksprache mit dem Verteidiger bekannt geben könne. Eine Belehrung darüber, dass die Berufung auch noch binnen drei Tagen nach Verkündung des Urteils durch die Einzelrichterin angemeldet werden könne (§§ 466 Abs 1 erster Satz, 489 Abs 1 zweiter Satz StPO), unterblieb.

OGH: Die nach Urteilsverkündung einem Angeklagten zu erteilende Rechtsmittelbelehrung hat nicht nur die Aufklärung darüber zu umfassen, inwieweit die Möglichkeit besteht, das Urteil mit Rechtsmitteln zu bekämpfen, sondern ua auch die Belehrung über die dreitägige Frist (einschließlich der Nennung des letzten Tages derselben, § 6 Abs 2 StPO aF bzw § 84 Abs 1 Z 5 StPO), binnen der die Rechtsmittel bei sonstigen Ausschluss anzumelden sind.

Die Pflicht, einen Angeklagten über die ihm zustehenden Rechtsmittel zu belehren, kommt ausschließlich dem Gericht zu, sodass auch die dem Verurteilten angebotene Möglichkeit, vor der Rechtsmittelerklärung mit dem Verteidiger Rücksprache zu halten, der auf einer unvollständigen Belehrung beruhenden, als Rechtsmittelverzicht zu deutenden eigenen Erklärung des Angeklagten keine Rechtswirksamkeit verschafft. Andernfalls könnte eine Belehrung durch das Gericht überhaupt unterbleiben, sofern nur dem Angeklagten nach der Urteilsverkündung die Möglichkeit zu einer Beratung mit dem anwesenden Verteidiger vor Abgabe einer Rechtsmittelerklärung eingeräumt wird.

Die fehlerhafte Rechtsbelehrung verstößt auch gegen die in § 6 Abs 2 StPO (§ 3 StPO aF) statuierte allgemeine Belehrungspflicht des Gerichts.

In der Regel ist ein nach Urteilsverkündung in Anwesenheit des Verteidigers von einem prozessfähigen Angeklagten ausdrücklich erklärter Rechtsmittelverzicht - ungeachtet der zugrunde liegenden Motivation - unwiderruflich. Wenn dem Angeklagten aber eine Rechtsmittelerklärung abgefordert wird, bevor er sich mit seinem Verteidiger beraten konnte oder der Verzicht infolge verfehlter Rechtsmittelbelehrung oder vor dieser spontan erfolgte, gilt dann Gegenteiliges, wenn die Anmeldung unmittelbar, nachdem der anwesende Verteidiger den Angeklagten über die Rechtslage ins Bild setzen konnte, geschieht.