10.09.2009 Strafrecht

OGH: Aktuelles Vor- und Begleitwissen des Rezipienten, an den sich die Publikation richtet, als Gegenstand des Beweisverfahrens in Medienrechtssachen

Bei der Feststellung des Bedeutungsinhalts einer Textpassage, aber auch einer bildlichen oder filmischen Darstellung ist auch das aktuelle Vor- und Begleitwissen jenes Rezipienten, an den sich die Publikation nach ihrer Aufmachung und Schreibweise sowie den behandelten Themen richtet, Gegenstand des Beweisverfahrens


Schlagworte: Medienrecht, Beweisthema
Gesetze:

§ 6 Abs 1 MedG, § 258 Abs 2 StPO

GZ 15 Os 172/08w, 24.06.2009

Bei der Feststellung des Bedeutungsinhalts einer Textpassage, aber auch einer bildlichen oder filmischen Darstellung ist auch das aktuelle Vor- und Begleitwissen jenes Rezipienten zu berücksichtigen, an den sich die Publikation nach ihrer Aufmachung und Schreibweise sowie den behandelten Themen richtet. Überdies ist auf den situativen Kontext abzustellen, in den der fragliche Aussagegehalt einzuordnen ist. Dieser Wissensstand ist ebenfalls Gegenstand des Beweisverfahrens. Daher sind auch Tatsachen, die dazu eine entscheidende Indizwirkung entfalten können - wie etwa eine entsprechende Vorberichterstattung - in der Hauptverhandlung als Beweise aufzunehmen. Dies ist allerdings nur soweit nötig, als diese Tatsachen nicht ohnehin als notorisch vorausgesetzt werden können. Insbesondere in engem zeitlichen Konnex zu einer inkriminierten Publikation im Rahmen einer breiten öffentlichen Diskussion zu einem aktuellen Thema in Massenmedien verbreitete Wortmeldungen politischer Funktionsträger werden als allgemeinkundige und somit notorische Tatsachen anzusehen sein, wobei dies aber nur den Umstand der Veröffentlichung, nicht aber den tatsächlichen Wahrheitsgehalt erfasst.