07.01.2010 Strafrecht

OGH: Zur Frage, ob der OGH bei einem Feststellungsmangel hinsichtlich der Voraussetzungen für ein diversionelles Vorgehen eine meritorische oder eine kassatorische Entscheidung zu treffen hat

Für den Fall eines nicht zugleich für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsachen betreffenden Feststellungsmangels nach § 281 Abs 1 Z 10a StPO hält das Verfahren bei Nichtigkeitsbeschwerden keine Regelung dafür bereit, auf welche Weise die fehlenden Feststellungen nachzuholen wären; da § 288 Abs 2 Z 2a StPO eine Rückverweisung ohne gleichzeitigen Auftrag, nach dem 11. Hauptstück der StPO oder § 37 SMG vorzugehen, nicht kennt, scheidet eine bloß kassatorische Entscheidung des OGH aus


Schlagworte: Suchtmittelrecht, Diversion, kassatorische/meritorische Entscheidung
Gesetze:

§ 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG, § 37 SMG, § 281 Abs 1 Z 10a StPO, 288 Abs 2 StPO

GZ 13 Os 93/09i, 15.10.2009

OGH: Nichtigkeit des Urteils nach § 281 Abs 1 Z 10a StPO ist nicht nur dann gegeben, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen, sondern auch, wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat. Letzteres war bei der hier behandelten Entscheidung der Fall: Nach dem in der Hauptverhandlung vorgetragenen war indiziert, dass der Angeklagte das inkriminierte Cannabisharz ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch erworben und besessen hatte (§ 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG), womit nahe lag, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für ein Vorgehen des Gerichts nach § 37 SMG gegeben waren, die unabhängig von den anderen, mit dem SMG nicht im Zusammenhang stehenden strafbaren Handlungen sind. Weil das Erstgericht keine § 37 SMG ausschließende Konstatierung getroffen hat, haftete dem Urteil ein Feststellungsmangel an, der zur Aufhebung des Schuldspruchs nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG sowie des Strafausspruchs führte.

Für den Fall eines nicht zugleich für die Schuld- oder Subsumtionsfrage entscheidende Tatsachen betreffenden Feststellungsmangels nach § 281 Abs 1 Z 10a StPO hält das Verfahren bei Nichtigkeitsbeschwerden keine Regelung dafür bereit, auf welche Weise die fehlenden Feststellungen nachzuholen wären. Da § 288 Abs 2 Z 2a StPO eine Rückverweisung ohne gleichzeitigen Auftrag, nach dem 11. Hauptstück der StPO oder § 37 SMG vorzugehen, nicht kennt, scheidet eine bloß kassatorische Entscheidung des OGH aus, sodass dieser selbst dazu berufen ist, und zwar zu Gunsten des Angeklagten auch in nichtöffentlicher Sitzung. Der OGH ging aufgrund der unwiderlegten Aussage des Angeklagten davon aus, dass dieser das in Rede stehende Cannabisharz ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch erwarb und besaß. Auf dieser Basis verwies er die Sache mit dem Auftrag an das Erstgericht, hinsichtlich des dem kassierten Schuldspruch zugrunde liegenden Verhaltens des Angeklagten nach § 37 SMG vorzugehen.