29.04.2010 Strafrecht

OGH: Sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person iSd § 205 Abs 1 StGB - Zurechnungsunfähigkeit bzw volle Berauschung erforderlich?

Weder Zurechnungsunfähigkeit noch eine volle Berauschung des Tatopfers ist zur Subsumtion unter § 205 Abs 1 StGB erforderlich


Schlagworte: Sexueller Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person, Zurechnungsunfähigkeit, volle Berauschung
Gesetze:

§ 205 StGB

GZ 12 Os 189/09z, 11.02.2010

OGH: Weder Zurechnungsunfähigkeit noch eine volle Berauschung des Tatopfers ist zur Subsumtion unter § 205 Abs 1 StGB erforderlich. Denn trotz der Anlehnung des Wortlauts an die Bestimmung des § 11 StGB ist das objektive Tatbild des § 205 Abs 1 erster Fall StGB bereits dann erfüllt, wenn die sexuelle Selbstbestimmungsfähigkeit des Opfers, etwa durch übermäßigen Alkoholkonsum, insoweit aufgehoben ist, als es unfähig ist, die Bedeutung des sexuellen Vorgangs zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten. Dazu muss die Willenstätigkeit nicht vollständig ausgeschaltet sein; es genügt vielmehr, wenn das Opfer nicht in der Lage ist, durch verstandesmäßige Erwägungen über das an es gestellte Verlangen frei zu entscheiden. Dies kann - grundsätzlich unter Berücksichtigung des Lebensalters des Opfers (Maria M war zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alt) - bereits bei mittelgradiger Berauschung der Fall sein.