19.08.2010 Strafrecht

OGH: Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iZm Fehler einer Kanzleiangestellten

Das Verschulden einer Kanzleiangestellten steht der Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht entgegen, wenn es sich um ein einmaliges Versehen handelt, welches angesichts des Ausbildungsstands, der Verlässlichkeit und Bewährung der Kanzleikraft nicht zu erwarten war, und dem Verteidiger keine Verletzung der sonst von ihm zu erwartenden Sorgfalts-, Organisations- und Kontrollpflichten vorgeworfen werden muss und daher insgesamt bloß ein auf einem Versehen minderen Grades des Vertreters des Angeklagten beruhendes unabwendbares Ereignis vorliegt


Schlagworte: Wiedereinsetzung, Rechtsanwalt, Kanzleiangestellte, einmaliges Versehen
Gesetze:

§ 364 Abs 1 Z 1 StPO

GZ 12 Os 46/10x, 06.05.2010

Der Antragsteller macht eine einmalige Fehlleistung der Kanzleileiterin des Verteidigers geltend. Diese habe es versehentlich unterlassen, die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, die in der Vorwoche verfasst, am Wochenende überprüft und ihr am Montag den 8. Februar 2010 auf elektronischem Weg mit dem - auch mündlich erteilten - Auftrag übermittelt worden waren, diese Rechtsmittel wegen der ablaufenden Frist am selben Tag auf elektronischem Weg beim LG Klagenfurt einzubringen, tatsächlich "per Knopfdruck" abzusenden. Die betreffende Kanzleileiterin sei seit rund zehn Jahren in der Kanzlei des Verteidigers beschäftigt; sie sei ihren Aufgaben bislang mit größter Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt nachgekommen. Ihre gegenständliche Fehlleistung habe sie - erst - am nächsten Tag bemerkt.

OGH: Dem - durch eidesstättige Erklärung der Kanzleileiterin des Verteidigers sowie des kanzleiintern zuständigen Verfassers der Rechtsmittel gestützten - Antrag kommt Berechtigung zu, weil das Verschulden einer Kanzleiangestellten der Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht entgegensteht, wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um ein einmaliges Versehen handelt, welches angesichts des Ausbildungsstands, der Verlässlichkeit und Bewährung der Kanzleikraft nicht zu erwarten war, und dem Verteidiger keine Verletzung der sonst von ihm zu erwartenden Sorgfalts-, Organisations- und Kontrollpflichten vorgeworfen werden muss und daher insgesamt bloß ein auf einem Versehen minderen Grades des Vertreters des Angeklagten beruhendes unabwendbares Ereignis vorliegt.