26.08.2010 Strafrecht

OGH: Medieninhaber iZm Newsletter und Website

Medieninhaber von publizierten Aussendungen, die im Wege eines Internet-Services elektronisch an Abonnenten übermittelt werden, ist deren Aussender, wenn ausschließlich diesem die inhaltliche Gestaltung obliegt; Medieninhaber einer Website ist der für deren inhaltliche Gesamtgestaltung Letztverantwortliche; setzt sich aber eine Website aus mehreren selbständigen Untereinheiten zusammen, deren inhaltliche Gestaltung ausschließlich von einem vom Betreiber der Homepage verschiedenen Aussender besorgt wird, ist dieser Letztverantwortlicher und Medieninhaber, sofern dies überdies auf der Website erkennbar zum Ausdruck gebracht wird


Schlagworte: Medienrecht, Medieninhaber, periodisches elektronisches Medium, Newsletter, Website, Durchsetzung der Einziehung und Beschlagnahme bei Websites, Löschung
Gesetze:

§ 1 Abs 1 Z 8 MedienG, § 1 Abs 1 Z 5a MedienG, § 36a MedienG

GZ 15 Os 8/10f, 26.05.2010

OGH: Elektronisch übermittelte APA-OTS-Aussendungen des Pressediensts einer politischen Partei (oder hier: eines Parlamentsklubs) sind periodische elektronische Medien (§ 1 Abs 1 Z 5a lit c MedienG). Medieninhaber ist solcherart der - die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgende (§ 1 Abs 1 Z 8 lit d MedienG) oder (im Fall des Pressediensts einer politischen Partei) einen Mediendienst betreibende (§ 1 Abs 1 Z 8 lit a zweiter Fall MedienG) - Aussender.

Nach der Begriffsbestimmung des (Auffangtatbestands des) § 1 Abs 1 Z 8 lit d MedienG ist Medieninhaber, wer (sonst) die inhaltliche Gestaltung eines Mediums zum Zweck der nachfolgenden Ausstrahlung, Abrufbarkeit oder Verbreitung besorgt. Mit dieser Begriffsbestimmung sollte - gerade für den Bereich der neu geregelten elektronischen Medien, insbesondere die Veröffentlichung über Websites - klargestellt werden, dass die Eigenschaft des Medieninhabers bei einer Person "dann begründet wird, wenn diese Person die inhaltliche Gestaltung für das jeweilige Angebot vornimmt", sie solcherart (als sog "Content Provider") die inhaltliche Verantwortung für den "Content" trägt. Aus der Anknüpfung an die "Besorgung" der inhaltlichen Gestaltung des Mediums folgt, dass Medieninhaber stets nur jene Person ist, die die Letztverantwortung für das gesamte Medium trägt. Damit wird aber zugleich der Gegenstand und Umfang des mit der vorliegend untersuchten Begriffsbestimmung gemeinten Begriffs "Medium" erst definiert: Denn "Medium" - für das ein durch das MedienG ausnahmslos präsumierter (vgl die abschließende Regelung in § 1 Abs 1 Z 8 lit a bis d MedienG) Medieninhaber haftet - ist demnach jene (iSd § 1 Abs 1 Z 1 MedienG) "publizistische" Einheit, für die es - überhaupt - einen Letztverantwortlichen gibt.

Für Veröffentlichungen auf Websites (§ 1 Abs 1 Z 5a lit b MedienG) folgt daraus:Der für die inhaltliche Gestaltung einer Website Letztverantwortliche ist (jedenfalls nach § 1 Abs 1 Z 8 lit d MedienG) deren Medieninhaber. Gibt es dagegen keinen für die inhaltliche Gestaltung einer Website Letztverantwortlichen, so sind Medieninhaber jene (im Regelfall voneinander verschiedenen) Personen, die für die auf der Website abrufbaren publizistischen "Untereinheiten" (letzt-)verantwortlich sind. Als solche - bei Fehlen eines Letztverantwortlichen für die Website die Stellung des (der) deren inhaltliche Gestaltung Besorgenden als Medieninhaber begründende - "Untereinheiten" (§ 1 Abs 1 Z 1 MedienG) können einzelne Web-Seiten oder Webpages (ie die Homepage als Eingangsseite oder eine Unterseite der Website) begriffen werden, weil und soweit sie - wesentlich bestimmt durch das Moment selbständiger Verbreitung (nämlich einheitlicher Abrufbarkeit; § 1 Abs 1 Z 5a lit b MedienG) - (nach der Verkehrsauffassung) als einheitliches Ganzes in Erscheinung treten. Dabei kommen - neben dem bereits erwähnten Moment der (bei Druckwerken durch die feste Einbindung der einzelnen Teile vermittelten) einheitlichen Verbreitung (hier: Abrufbarkeit) - va formelle Abgrenzungskriterien (etwa einheitliche Aufmachung, eindeutige Unterordnung, Verhältnis des Umfangs der Teile) sowie ein gesondertes "Impressum" (Hinweis auf den medienrechtlich Verantwortlichen) in Betracht. Welche auf einer (nicht ohnedies von einem Letztverantwortlichen inhaltlich gestalteten) Website abrufbaren "Angebote" solcherart eine Einheit darstellen, ist stets einzelfallbezogen zu beurteilen.

Dieses durch Auslegung der Begriffsbestimmung des § 1 Abs 1 Z 8 (lit d) MedienG gewonnene Interpretationsergebnis steht mit der - zugleich neu geschaffenen - Begriffsbestimmung (eines periodischen elektronischen Mediums) in § 1 Abs 1 Z 5a lit b MedienG, die als ein auf elektronischem Wege abrufbares "Medium" (im Klammervermerk bloß) die "Website" bezeichnet, nicht im Widerspruch. Denn damit wurde - wie die Ausführungen zur zentralen Anknüpfung der Stellung als Medieninhaber an die Letztverantwortung für das gesamte Medium in den EBRV zur Mediengesetznovelle 2005 verdeutlichen - (eben nur) auf den Regelfall abgestellt, dass es für Websites einen jeweils Letztverantwortlichen gibt.

Der Argumentation des Erneuerungswerbers zuwider folgt aus der Bestimmung des § 36a MedienG - wonach im Fall eines gerichtlichen Erkenntnisses auf Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website oder einer gerichtlichen Anordnung der Löschung derselben der Medieninhaber aufzufordern ist, (innerhalb einer ihm zu setzenden angemessenen Frist) dem gerichtlichen Auftrag zu entsprechen - keineswegs, dass Medieninhaber stets nur "derjenige ist, dem die Verfügungsgewalt über das gesamte Medium zukommt". Dies wird vom Erneuerungswerber aus der genannten Bestimmung nicht abgeleitet, sondern - als argumentativer Fehlschluss - bloß unterstellt. Die in der in Rede stehenden Vorschrift vorausgesetzte Fähigkeit, eine Löschung der "die strafbare Handlung begründenden Stellen" der Website herbeizuführen, korrespondiert vielmehr mit der für die Stellung als Medieninhaber konstitutiven Besorgung der inhaltlichen Gestaltung des "Mediums" (hier: § 1 Abs 1 Z 8 lit d MedienG) im voraufgezeigten Sinn. Im Übrigen setzt § 36a Abs 1 MedienG nicht voraus, dass dem Medieninhaber zur von ihm geschuldeten Entsprechung des gerichtlichen Auftrags die Löschung unmittelbar selbst technisch möglich sein muss; dafür reicht vielmehr die rechtliche Möglichkeit zur Entfernung von Inhalten auf der Website hin.