28.09.2006 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Der Anwendungsbereich des § 14 AVRAG erfasst auch die Betreuungspflichten gegenüber gesunden Kindern


Schlagworte: Arbeitszeitreduzierung, Abfertigung, Gesetzesauslegung
Gesetze:

§ 14 Abs 4 AVRAG

In seinem Erkenntnis vom 12.007.2006 zur GZ 9 ObA 38/06p hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob zu den in § 14 Abs 2 Z 2 AVRAG genannten "nicht nur vorübergehenden Betreuungspflichten von nahen Angehörigen im Sinne des § 16 Abs 1 letzter Satz UrlG" auch jene Betreuungspflichten gehören, die einen iSd §§ 144, 146 ABGB zur Pflege eines gesunden Kindes verpflichteten Elternteil treffen:

Die Klägerin vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber zum Zweck der Betreuung ihres Kindes nach Ablauf der Mutterschafts- sowie einer Bildungskarenz die Reduktion ihrer Arbeitszeit. Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt und der Klägerin eine Abfertigung aufgrund des zuletzt bezogenen Entgelts gezahlt hatte, begehrt diese nun die Zahlung eines weiteren Betrages, weil die Abfertigung iSd § 14 Abs 4 AVRAG zu berechnen sei. Dem hielt der beklagte Arbeitgeber entgegen, dass diese Bestimmung nur besondere Betreuungspflichten erfasse und die gewöhnliche Pflege eines gesunden Kindes somit jedenfalls nicht in diese Regelung falle.

Der OGH führte dazu aus: Weder dem Wortlaut des Gesetzes noch den dazugehörigen Materialien oder der Systematik des Gesetzes ist eine Einschränkung zu entnehmen, wonach die Bestimmung des § 14 AVRAG auf die Betreuung eines gesunden Kindes nicht anwendbar ist. Auch wenn eine solche Einschränkung in der Absicht des Gesetzgebers gelegen wäre, kann eine solche Auslegung ohne entsprechende Grundlage nicht vertreten werden. Selbst wenn dem Elternteil ausreichende Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, kann die Anwendung der gegenständlichen Bestimmung dadurch nicht ausgeschlossen werden, weil der Elternteil andernfalls dazu gezwungen wäre, die Betreuung einem Dritten zu übertragen.