14.10.2010 Strafrecht

OGH: Ausgeschlossenheit von Richtern nach § 43 StPO

Die Erweiterung ausdrücklich genannter Ausschließungsgründe durch Analogie ist nach der geltenden Rechtslage zulässig


Schlagworte: Ausgeschlossenheit von Richtern, Ausschließungsgründe, Analogie
Gesetze:

§ 43 StPO

GZ 12 Os 96/10z, 12.08.2010

OGH: Die in § 43 StPO genannten Gründe einer Ausgeschlossenheit von Richtern sind - im Gegensatz zur früheren Rechtslage vor dem Strafprozessreformgesetz (BGBl I 2004/19) - mit Blick auf die in Abs 1 Z 3 leg cit enthaltene Generalklausel nicht mehr taxativ aufgezählt. Die Erweiterung ausdrücklich genannter Ausschließungsgründe durch Analogie ist daher nach der geltenden Rechtslage zulässig.

§ 43 Abs 2 letzter Halbsatz StPO schließt jene Richter vom Hauptverfahren aus, die "an einem Urteil mitgewirkt" haben, das in der Folge kassiert wurde, und lässt damit keinen interpretativen Spielraum für eine Differenzierung zwischen Formal- und Sachurteilen. LuRsp zu § 68 Abs 2 zweiter Satz StPO aF, wonach ein zu Unrecht gefälltes Unzuständigkeitsurteil keinen Ausschluss der daran beteiligten Richter für das weitere Strafverfahren bewirkt hatte, sind daher auf die neue Rechtslage nicht mehr weiter anwendbar. Hievon ausgehend sind auch Richter, die ihre Unzuständigkeit rechtskräftig ausgesprochen haben, im sodann vor einem Gericht höherer Ordnung zu führenden Hauptverfahren ausgeschlossen, weil sich ansonsten ein (durch Analogieschluss vermeidbarer) Wertungswiderspruch ergeben würde, wenn etwa der ein Unzuständigkeitsurteil fällende Einzelrichter die Sachentscheidung zwar (nach Bestätigung bzw Rechtskraft des Unzuständigkeitsurteils) als Vorsitzender des Schöffensenats, nicht jedoch (nach Aufhebung der Entscheidung gem § 261 StPO) als Einzelrichter treffen dürfe.