18.11.2010 Strafrecht

OGH: Unbeschränkter Anspruch des Angeklagten auf Übersetzung aller Aktenstücke in allen Einzelheiten?

Es genügt, dass es dem Angeklagten durch den Übersetzungsbeistand ermöglicht wird, den ihm zur Last gelegten Vorwurf zu kennen und sich dagegen zu verteidigen, insbesondere seine Version der Ereignisse dem Gericht vorzutragen


Schlagworte: Recht auf ein faires Verfahren, Übersetzung aller Aktenstücke in allen Einzelheiten, Dolmetscher
Gesetze:

Art 6 Abs 3 lit e EMRK

GZ 11 Os 124/10k, 28.09.2010

Der Bf hatte beantragt, ihm eine schriftliche Übersetzung des Hv-Protokolls vom 14. Juli 2010 zur Verfügung zu stellen. Ihm seien die Angaben der Zeugen C und des "Polizisten" (= Zeuge S) nicht übersetzt worden.

OGH: Durch die erstgerichtliche Abweisung dieses Antrags wurden der Beschwerde entgegen Verteidigungsrechte nicht verletzt. Weder aus der StPO noch der EMRK ergibt sich nämlich ein unbeschränkter Anspruch eines Angeklagten auf Übersetzung aller Aktenstücke in allen Einzelheiten; insoweit besteht auch keine Nichtigkeitssanktion. Art 6 Abs 3 lit e EMRK geht nicht soweit, eine schriftliche Übersetzung des gesamten schriftlichen Beweismaterials oder amtlicher Schriftstücke des Verfahrens in allen Einzelheiten zu verlangen. Es genügt, dass es dem Angeklagten durch den Übersetzungsbeistand ermöglicht wird, den ihm zur Last gelegten Vorwurf zu kennen und sich dagegen zu verteidigen, insbesondere seine Version der Ereignisse dem Gericht vorzutragen.