02.12.2010 Strafrecht

OGH: Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Höhe des Kostenersatzanspruchs des Antragsgegners für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung gem § 17 Abs 5 erster Satz MedienG?

§ 41 Abs 5 vierter Satz MedienG ist auf den Fall des § 17 Abs 5 zweiter Satz MedienG nicht analog anzuwenden


Schlagworte: Medienrecht, gerichtliche Anordnung der Veröffentlichung, Höhe des Kostenersatzanspruchs des Antragsgegners für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung, mündliche Verhandlung, Einschaltungsentgelt
Gesetze:

§ 17 Abs 5 MedienG

GZ 15 Os 45/10x, 15.09.2010

OGH: Hat das Berufungsgericht nach § 17 Abs 5 erster Satz MedienG den Antragsteller zur Zahlung eines Einschaltungsentgelts für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung und für die Veröffentlichung des Berufungsurteils verurteilt, so ist gem dem zweiten Satz dieser Bestimmung über die Höhe dieser Kosten auf Antrag mit Beschluss zu entscheiden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Höhe dieses Kostenersatzanspruchs des Antragsgegners ordnet das Gesetz nicht an. Dies im Unterschied zu § 41 Abs 5 vierter Satz MedienG, wonach - dem Urteil des EGMR vom 21. März 2002, A.T. gegen Österreich, Nr 32636/96, Rechnung tragend - im Fall der Einstellung des Verfahrens a limine (§ 485 Abs 1 Z 4 bis 6 StPO in der damals geltenden Fassung) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist.

Die analoge Anwendung des § 41 Abs 5 vierter Satz MedienG auf den Fall des § 17 Abs 5 zweiter Satz MedienG würde die Annahme einer planwidrigen Lücke voraussetzen. Gegen eine solche spricht jedoch zum einen der Umstand, dass der Gesetzgeber die erstgenannte Bestimmung 2005 novelliert hat, § 17 Abs 5 MedienG jedoch unverändert ließ und seither keine diesbezüglich bedeutsame sonstige Veränderung der Rechtslage oder Rsp erfolgt ist.

Zum anderen führt auch eine Art 6 Abs 1 MRK einbeziehende verfassungskonforme Interpretation nicht zur Annahme einer planwidrigen, im Wege analoger Anwendung einer für den geregelten Fall nicht geltenden Bestimmung zu schließenden Lücke. Nach Art 6 Abs 1 erster Satz EMRK hat zwar (ua) jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf dem Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat. Nach der Rsp des EGMR ist unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und -effektivität ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung aber dennoch zulässig, nämlich insbesondere dann, wenn der Fall aufgrund der Akten und schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann.

Das trifft auch hier zu. Denn unbeschadet des (iSd Konvention) zivilrechtlichen Charakters des gegenständlichen Anspruchs auf Ersatz des Einschaltungsentgelts handelt es sich bei der vorliegenden Entscheidung (nur) über die Höhe desselben um eine solche, die dem nach mündlicher Verhandlung in der Hauptsache ergangenen Urteil nachfolgt und - bei klarem Sachverhalt und nicht besonders komplexer Rechtsfrage - keine über die Einsichtnahme in Urkunden hinausgehende Beweisaufnahme erfordert. Wenngleich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht verboten ist, ist sie doch - der Begründung des OLG zuwider - in solchen Fällen kein "Muss".

Der Beschluss des OLG Wien als Beschwerdegericht vom 31. Dezember 2008 steht demnach mit dem Gesetz insofern nicht im Einklang, als entgegen § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO die abschließende Entscheidung in der Sache unterblieben und § 17 Abs 5 zweiter Satz MedienG zuwider in der Begründung ausgeführt wurde, dass über die Frage der Höhe des Einschaltengelts die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht grundsätzlich erforderlich sei.

Der Antragsteller ist nach § 17 Abs 5 MedienG zur Zahlung eines Einschaltungsentgelts für die zu Unrecht erwirkte Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung und für die Veröffentlichung des Berufungsurteils zu verurteilen. Unter "Einschaltungsentgelt" ist nach hA jener Betrag zu verstehen, der sich aus dem für das konkrete Medium zur Zeit der jeweiligen Veröffentlichung üblichen Tarif für Inserate und Werbeeinschaltungen ergibt. Das Einschaltungsentgelt umfasst nicht nur die dem Medieninhaber durch die Veröffentlichung entstandenen Kosten; es soll den Medieninhaber vielmehr gänzlich schadlos halten, mit anderen Worten einen effektiven Ausgleich dafür bieten, dass er in der Hauptsache - ex post betrachtet - zunächst zu Unrecht in Anspruch genommen worden ist.

Im Hinblick darauf, dass das Einschaltungsentgelt den Medieninhaber für die Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung, welche er unentgeltlich vorzunehmen hatte, und jene des Berufungsurteils entschädigen soll, umfasst es Steuern und Abgaben nur insoweit, als der Medieninhaber solche abzuführen bzw zu entrichten hat. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung einer Gegendarstellung und eines Berufungsurteils, das die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Gegendarstellung nachträglich verneint, hat der Medieninhaber aber weder Umsatzsteuer abzuführen noch die Werbeabgabe zu entrichten.