VwGH > Verfahrensrecht
19.09.2012 Verfahrensrecht

VwGH: Einlangen einer Berufung per E-Mail / Fax am letzten Tag der Frist außerhalb der Amtsstunden

Wann eine Berufung, die nicht zur Post gegeben wird, per E-Mail oder Fax übermittelt werden muss, um noch als am selben Tag eingebracht und eingelangt zu gelten, ist nicht in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben, sondern ergibt sich aus einer allfälligen Kundmachung im Internet gem § 13 Abs 2 AVG


Schlagworte: Fristenlauf, Berufung, E-Mail, Fax, Amtsstunden, Kundmachung im Internet, Rechtsmittelbelehrung
Gesetze:

§ 33 AVG, § 13 AVG

GZ 2012/08/0102 [1], 23.05.2012

 

VwGH: Die bf Parteien bringen zunächst vor, dass die Berufungen rechtzeitig zur Post gegeben bzw "auf den Weg gebracht" worden seien. Zufolge den unbestrittenen und mit der Sachverhaltsdarstellung in den Beschwerden übereinstimmenden Feststellungen der belangten Behörde wurden die Berufungen aber nicht zur Post gegeben, sondern per Fax und E-Mail übermittelt.

 

§ 33 Abs 3 erster Satz AVG, wonach die Tage des Postlaufs in (verfahrensrechtliche) Fristen nicht eingerechnet werden, die rechtzeitige Übergabe an die Post also zur Fristwahrung ausreicht, gilt nicht auch für technische Formen der Übermittlung eines Anbringens an die Behörde etwa durch Fax oder E Mail.

 

Die Berufungen sind zwar offenbar noch am letzten Tag der Berufungsfrist tatsächlich bei der Behörde eingelangt, allerdings unbestritten nicht mehr innerhalb der Amtsstunden (das E-Mail wurde den Angaben in den Beschwerden zufolge um 18:29, das Fax um 18:38 versendet). Unbestritten geblieben ist auch, dass die BH N in ihrer "Kundmachung betreffend den Verkehr zwischen Beteiligten und Behörden" im Internet bekanntgemacht hatte, dass Anbringen per Fax, E-Mail oder über den Online-Formularserver, die außerhalb der Amtsstunden übermittelt werden, erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten.

 

Eine Kundmachung im Internet von (ua) organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten ist in § 13 Abs 2 zweiter Satz AVG ausdrücklich vorgesehen; unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen. Damit kann die Behörde - wie etwa auch im Fall eines Einlaufkastens mit entsprechendem Hinweis - ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten. Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt darin keine dem Gesetzgeber nicht zusinnbare Erschwerung des Zugangs zum Rechtsschutz, ist doch durch die Kundmachung im Internet sichergestellt, dass sich die Parteien über die Voraussetzungen für ein rechtzeitiges Einlangen ihrer Anbringen umfassend informieren können.

 

Auch die Behauptung, die Rechtsmittelbelehrungen in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen seien unrichtig oder unvollständig gewesen, trifft nicht zu. Die beschwerdeführenden Parteien sind der Ansicht, es wäre anzugeben gewesen, dass die Berufungsfrist nicht volle zwei Wochen betrage, sondern im Fall der Einbringung per E-Mail oder Telefax früher ende. Die zweiwöchige Berufungsfrist ist jedoch nicht verkürzt worden, sondern hat bis zum Ablauf ihres letzten Tages gedauert. Wann aber eine Berufung, die nicht zur Post gegeben wird, per E-Mail oder Fax übermittelt werden muss, um noch als am selben Tag eingebracht und eingelangt zu gelten, ist nicht in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben, sondern ergibt sich aus einer allfälligen Kundmachung im Internet gem § 13 Abs 2 AVG.