VwGH > Baurecht
26.09.2012 Baurecht

VwGH: Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen – zur Frage, ob § 12 Abs 2 UVP-G 2000 auch auf Feststellungsverfahren nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 anwendbar ist

In Verfahren nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 ist die Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 und 3 AVG zulässig


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Feststellungsverfahren, Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen, Gebühren, Kostenvorschreibung
Gesetze:

§ 3 UVP-G 2000, § 12 UVP-G 2000, § 52 AVG, § 76 AVG, § 53a AVG, § 42 UVP-G 2000

GZ 2010/05/0204 [1], 23.08.2012

 

VwGH: Zunächst ist der belangten Behörde beizupflichten, dass ein Antrag iSd § 3 Abs 7 UVP-G-2000 nicht als verfahrenseinleitender Antrag iSd § 76 Abs 1 AVG anzusehen ist, sondern dass vielmehr als entsprechender verfahrenseinleitender Antrag der allem zugrundeliegende Sachantrag gilt. Verfahrenseinleitender Antrag in diesem Sinne ist im gegenständlichen Fall der Antrag des Bf auf Bewilligung für die Schweinemastanlage.

 

Strittig ist im vorliegenden Fall die Auslegung des § 12 Abs 2 UVP-G 2000. Auch im öffentlichen Recht ist bei einer Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind. § 6 ABGB verweist zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Dabei ist grundsätzlich zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Dafür müssen die objektiven, jedermann zugänglichen Kriterien des Verständnisses statt des subjektiven Verständnishorizonts der einzelnen Beteiligten im Vordergrund stehen. Es ist zunächst nach dem Wortsinn zu fragen.

 

Die Regelung des § 12 Abs 3 UVP-G 2000 betrifft lediglich die Kostentragungspflicht und den bescheidmäßigen Auftrag, die Kosten direkt zu bezahlen. Dass die Kostentragungspflicht den Bf trifft, wurde bereits dargestellt. Es kann daher hier dahingestellt bleiben, ob § 12 Abs 3 UVP-G 2000 auf Grund der Wendung "Verfahren nach diesem Gesetz" auch auf Verfahren nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 anzuwenden ist. Keinesfalls gilt dies aber für § 12 Abs 1 und 2 UVP-G 2000:

 

Zunächst findet sich in diesen Absätzen keine Wendung wie in Abs 3 "Verfahren nach diesem Gesetz", die nach ihrem Wortlaut keine Einschränkung aufweist.

 

Sodann ist anzumerken, dass § 12 Abs 1 UVP-G 2000 von der Beauftragung von Sachverständigen mit der Stellung eines Umweltverträglichkeitsgutachtens handelt und § 12 Abs 2 UVP-G 2000 vorsieht, dass die Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 und 3 AVG zulässig ist. Der Zusammenhang der Abs 1 und 2 des § 12 UVP-G 2000 sowie die Überschrift "Umweltverträglichkeitsgutachten" über dieser Norm und die Stellung dieser Regelung im zweiten Abschnitt des UVP-G 2000, aus einem Umkehrschluss allenfalls aber auch die Verwendung der Worte "Verfahren nach diesem Bundesgesetz" lediglich in § 12 Abs 3 UVP-G 2000, können, auch iVm § 42 Abs 1 UVP-G 2000, zu keinem anderen Ergebnis führen, als dass diese Regelungen lediglich iZm dem Umweltverträglichkeitsgutachten Anwendung finden.

 

Es tritt hinzu, dass mit der Novelle BGBl I Nr 87/2009 nur der Abs 3 des § 12 UVP-G 2000 neu eingefügt wurde, die Abs 1 und 2 dieser Bestimmung aber - bis auf eine Zitatänderung betreffend § 52 AVG - unverändert blieben. Dass der Gesetzgeber die eindeutige Systematik des Gesetzes mit Auswirkung auf diese Regelungen oder deren Inhalt sonstwie ändern wollte, ist weder dem Gesetzestext noch den Materialien zu entnehmen.

 

Dies bedeutet im Ergebnis, dass in Verfahren nach § 3 Abs 7 UVP-G 2000 die Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 und 3 AVG zulässig ist. Die diesbezüglichen Kriterien hat die belangte Behörde aber nicht geprüft. Darüber hinaus wurde hier kein Umweltverträglichkeitsgutachten (s die Anforderungen in § 12 Abs 5 UVP-G 2000) erstellt.