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17.10.2012 Verfahrensrecht

VwGH: Zustellung ohne Zustellnachweis nach § 26 ZustG

Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen; in diesem Fall muss - mangels Zustellnachweis - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden; gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden; diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer Zustellung ohne Zustellnachweis


Schlagworte: Zustellrecht, Zustellung ohne Zustellnachweis, Beweislast, Zeitpunkt der Zustellung
Gesetze:

§ 26 ZustG

GZ 2011/10/0146 [1], 20.09.2012

 

In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, dass die Zustellung der erstinstanzlichen Bescheide nicht vor dem 14. Juni 2011 erfolgt sei. Das genaue Datum der Zustellung sei nicht mehr erinnerlich. Weiters bringt der Bf vor, die belangte Behörde gehe unrichtigerweise davon aus, dass sich im Verwaltungsverfahren kein Hinweis auf eine später als drei Werktage nach Übergabe an das Zustellorgan erfolgte Zustellung der erstinstanzlichen Bescheide ergeben habe. Der Bf habe durch das im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Vorbringen deutlich gemacht, dass die erstinstanzlichen Bescheide innerhalb von zwei Wochen vor der Berufungseinbringung zugestellt worden seien, daher wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen.

 

VwGH: Nach stRsp des VwGH zu § 26 Abs 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweis - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden. Der bloße Hinweis, die Behauptung der nicht erfolgten Zustellung sei eine "Schutzbehauptung", vermag den fehlenden Zustellnachweis nicht zu ersetzen. Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis.

 

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Ansicht, dass sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen des Bf ein Hinweis auf eine Zustellung nach dem in § 26 Abs 2 ZustG genannten Zeitpunkt ergebe und somit die Zustellung zu diesem Zeitpunkt nicht zweifelhaft sei.

 

Wie in der Beschwerde richtig ausgeführt wird, hat der - damals unvertretene - Bf mit dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren, die Berufungen seien nicht verspätet abgesendet worden, auf Grund der Unzuverlässigkeit der österreichischen Post komme es zu Beförderungszeiten von bis zu 21 Tagen und es sei nicht zulässig, eine Beförderungszeit von vier Tagen anzunehmen, ausreichend deutlich vorgebracht, die erstinstanzlichen Bescheide innerhalb von zwei Wochen vor der Einbringung der Berufungen zugestellt erhalten zu haben. An diesem Gehalt des Vorbringens kann der Umstand nichts ändern, dass der Bf - der danach von der belangten Behörde nicht gefragt worden ist - nicht ausgeführt hat, an welchem konkreten Tag die Zustellung erfolgte.

 

Auf Grund dieses Vorbringens des Bf durfte die belangte Behörde nicht davon ausgehen, die Zustellung zu dem in § 26 Abs 2 ZustG genannten Zeitpunkt innerhalb von drei Tagen nach der Übergabe an das Zustellorgan sei nicht zweifelhaft. Die belangte Behörde wäre daher nach der dargestellten Judikatur verpflichtet gewesen, den Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide der Behörde erster Instanz nachzuweisen. Gelingt ihr dieser Nachweis - im fortgesetzten Verfahren - nicht, so muss sie die Behauptung des Bf über die erfolgte Zustellung innerhalb von zwei Wochen vor der Einbringung der Berufungen als richtig annehmen.