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12.12.2012 Wirtschaftsrecht

VwGH: "Direkte Subvention" iSd § 3 Abs 2 BVergG 2006

Zur Beurteilung eines vergaberechtlich relevanten Vorganges ist nicht alleine auf den formellen Gesichtspunkt der Unterfertigung, sondern vielmehr bereits auf den akkordierten wesentlichen Inhalt der in Aussicht genommenen Verträge abzustellen


Schlagworte: Vergaberecht, Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber, sonstige Auftraggeber, persönlicher Geltungsbereich, Oberschwellenbereich, Bauaufträge, direkte Subvention
Gesetze:

§ 3 BVergG 2006, Art 8 der Richtlinie 2004/18

GZ 2010/04/0128 [1], 08.11.2012

 

Die Beschwerde bringt vor, im Beschwerdefall werde der von der mitbeteiligten Partei ausgeschriebene Bauauftrag de facto vom Bund finanziert und zwar über den Mietzins, den der Bund nach Fertigstellung des Bauvorhabens der mitbeteiligten Partei für die Anmietung des umgebauten bzw erweiterten Bundesschulzentrums zu leisten habe. Die Höhe des Mietzinses sei so abgestimmt, dass das Sanierungsdarlehen, welches die mitbeteiligte Partei zur Finanzierung des Bauvorhabens aufgenommen habe, über den Mietzins des Bundes refinanziert werde. Diese an den Gesamtinvestitionskosten orientierte Mietzinszahlung stelle ohne Zweifel eine einseitige Leistungsgewährung dar, da ein an den Marktverhältnissen orientierter Mietzins wesentlich geringer anzusetzen wäre. Es sei offenkundig, dass ein derartiger jährlicher Mietzins für zusätzlich errichtete Schulräume völlig überhöht sei und außer Verhältnis zur Gegenleistung stehe. Die vom Bund und von der Stadtgemeinde B gewählte Vertragskonstruktion sei daher als "direkte Subvention" iSd § 3 Abs 2 BVergG 2006 zu qualifizieren.

 

Diese Finanzierung des Bauauftrages durch den Bund und die Einräumung des Baurechtes durch die Stadtgemeinde B sei von Anfang beschlossen gewesen, sodass der Umstand der noch fehlenden formellen Unterfertigung der betreffenden Verträge im gegebenen Zusammenhang keine rechtliche Relevanz habe.

 

Die belangte Behörde hat ihre Auffassung, § 3 Abs 2 BVergG 2006 sei im Beschwerdefall nicht anwendbar, auf die Auffassung gestützt, dass die im Nachprüfungsverfahren von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Verträge noch nicht abgeschlossen, sondern lediglich in Aussicht genommen worden seien und deshalb nicht zu berücksichtigen seien.

 

Aus diesem Grund hat sich die belangte Behörde auch nicht damit beschäftigt, ob der Inhalt dieser abzuschließenden Verträge und der von der mitbeteiligten Partei sowohl im Nachprüfungsverfahren als auch in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass nach diesem Inhalt das vorliegende Vergabevorhaben durch den Bund über den am Ausmaß der Gesamtinvestitionskosten orientierten Mietzins refinanziert werde, als direkte Subventionierung nach § 3 Abs 2 BVergG 2006 anzusehen sei.

 

VwGH: § 3 Abs 2 BVergG 2006 setzt Art 8 der Richtlinie 2004/18 um. Somit ist der Begriff der direkten Subventionierung in dieser Bestimmung iSd unionsrechtlichen Begriffes der direkten Subventionierung in Art 8 der genannten Richtlinie zu verstehen (in der deutschen Fassung "direkt subventioniert", in der französischen Fassung "subventionnes directement" , in der englischen Fassung "subsidised directly").

 

Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund ist aber auf das Urteil des EuGH vom 10. November 2005 in der Rechtssache C-29/04, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Österreich ("Abfallentsorgung Stadt Mödling"), hinzuweisen. Im dortigen Vertragsverletzungsverfahren hielt der EuGH fest, dass es sich um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag gehandelt habe, der über eine mehrere gesonderte Schritte umfassende künstliche Konstruktion vergeben worden sei. Die Vergabe dieses Auftrages sei daher unter Berücksichtigung der Gesamtheit dieser Schritte sowie ihrer Zielsetzung zu prüfen und nicht anhand ihrer rein zeitlichen Abfolge. Sodann verwies der EuGH auf die praktische Wirksamkeit der (dort noch maßgeblichen) Richtlinie 92/50. Das mit dieser verfolgte Ziel, nämlich die Dienstleistungsfreiheit und die Öffnung für den unverfälschten Wettbewerb in allen Mitgliedstaaten, wäre gefährdet, wenn die öffentlichen Auftraggeber eine Verfahrensgestaltung wählen könnten, die die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge verschleiern solle.

 

Diese Überlegungen im Hinblick auf die praktische Wirksamkeit (hier) der Richtlinie 2004/18 sind im Beschwerdefall dahingehend zu berücksichtigen, dass zur Beurteilung eines vergaberechtlich relevanten Vorganges nicht - wie die belangte Behörde meint - alleine auf den formellen Gesichtspunkt der Unterfertigung, sondern vielmehr bereits auf den akkordierten wesentlichen Inhalt der in Aussicht genommenen Verträge abzustellen ist, zumal unstrittig ist, dass diese Verträge in weiterer Folge abgeschlossen werden sollten.

 

Davon ausgehend hat die belangte Behörde auch keine Feststellungen über den wesentlichen Inhalt der im Beschwerdefall in Aussicht genommenen Verträge getroffen. Entsprechende Feststellungen wären letztlich auch für ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH erforderlich, zumal dieses zumindest eine Darstellung der tatsächlichen Umstände, auf denen die Fragen beruhen, zu enthalten hat.

 

Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grund wegen der vorrangigen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.