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17.07.2013 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: SMS mit dem Inhalt "Entschuldige die kurze Störung. Du hast bis jetzt 42 EUR verbraucht. Viel Spaß weiterhin. Bei Fragen rufe 0820 oder E-Mail: I@***" – unerbetene Zusendung einer SMS-Nachricht iSd § 107 Abs 2 Z 1 TKG 2003?

In der Rsp wurde zwar erkannt, dass auch die Gestaltung als Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht hindert; Voraussetzung dafür ist jedoch, dass damit - ungeachtet der Bezeichnung und Gestaltung der Nachricht - Absatzförderung betrieben wird; Derartiges kann bei der oben angeführten SMS-Nachricht, die sich neben der Angabe einer Kontaktmöglichkeit auf die Bekanntgabe des Entgeltbetrages von (nach Ansicht der zweit-bf Partei) bereits bezogenen Leistungen beschränkte und - nach dem Vorbringen der bf Parteien - der Warnung des Kunden dienen sollte, nicht erkannt werden


Schlagworte: Telekommunikationsrecht, unerbetene Nachrichten, Zusendung einer SMS-Nachricht, zu Zwecken der Direktwerbung, Double-Opt-In-Verfahren
Gesetze:

§ 107 TKG, § 109 TKG

GZ 2012/03/0089 [1], 26.06.2013

 

Die Beschwerden bestreiten, dass die strittigen Kurzmitteilungen als unerbetene Nachrichten iSd § 107 Abs 2 TKG 2003 anzusehen seien. Sowohl das Versenden von SMS-Nachrichten zur Kostenwarnung als auch das "Double-Opt-In" Verfahren seien - aus näher dargestellten Gründen - mit § 107 TKG 2003 vereinbar und könnten daher keine Grundlage für auf § 109 Abs 3 Z 20 TKG 2003 basierende Straferkenntnisse sein.

 

VwGH: Der Begriff der "Direktwerbung", der sich auch in Art 13 der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), der mit § 107 TKG 2003 umgesetzt wurde, findet, ist weder im TKG 2003 noch in Art 13 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation näher definiert.

 

"Direktwerbung" umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch alle Formen der individuellen werblichen Kommunikation zwischen Anbietern und ausgewählten (potentiellen) Nachfragern, die nicht persönlich, sondern durch ein Medium erfolgt. Der Rechtsbegriff der "Direktwerbung" ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers "im Lichte der Erfahrungen und Bedürfnisse der Praxis zu sehen und daher weit zu interpretieren. Er erfasst jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert". Dementsprechend wird der Begriff in der Rsp auch weit interpretiert und umfasst jede Maßnahme, die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann. Dabei hindert insbesondere auch die Gestaltung als Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht.

 

Die bf Parteien vertreten die Auffassung, dass die Zusendung einer Kurznachricht im sog "Double-Opt-In" Verfahren keinen Werbezweck verfolge und daher nicht als "Direktwerbung" angesehen werden könne.

 

Unter dem "Double-Opt-In" Verfahren wird im Allgemeinen die Einholung der Zustimmungserklärung der Teilnehmers in einem zweistufigen System verstanden, das eine Anmeldung zum Bezug elektronischer Informationen etwa auf der Webseite des Anbieters vorsieht, der in einem ersten Schritt die individuelle Nachricht an die angegebene Mailadresse oder den angegebenen Telefonanschluss folgt, dass für diese Adresse bzw diesen Anschluss eine Anmeldung erfolgt ist. Erst nach einer auf dieses (individuelle) Mail bzw die Kurznachricht gegebenen, die Anmeldung bestätigenden Antwort oder vergleichbaren Reaktion (zB Anklicken eines Links) erfolgt die Zusendung von Werbenachrichten.

 

Es braucht im gegebenen Zusammenhang nicht abschließend beurteilt werden, ob die Zusendung einer Kurznachricht zur Authentifizierung des Teilnehmers im Rahmen des oben geschilderten Systems bereits als "Direktwerbung" anzusehen ist (bejahend etwa OLG München vom 27. September 2012, 20 U 1682/12, MultiMedia und Recht 2013, 38 ff = Wettbewerb in Recht und Praxis 2013, 111 ff, mit allerdings jeweils kritischen literarischen Anmerkungen). Im vorliegenden Fall wurde an die Empfängerin nämlich nicht bloß eine Kurznachricht übersandt, mit der geklärt werden sollte, ob sie sich zuvor - wie von den bf Parteien behauptet - mit ihrer Telefonnummer auf der Webseite der zweit-bf Partei angemeldet hatte. An die Empfängerin wurde vielmehr ein Passwort versendet, das es ihr bei Eingabe auf der Webseite der zweit-bf Partei erlaubt hätte, direkt Leistungen der Anbieterin zu beziehen. Die gegenständliche Kurznachricht ("Passwort: 831651 im Web eingeben. Mehr: y.at [2] Hilfe/Ende: 0800-0 (Kostenlos) 3x3 EUR die Woche") diente daher nicht bloß der Authentifizierung des bekannt gegebenen Anschlusses, sondern sie war unmittelbar auf den Absatz von Leistungen der Anbieterin (zweit-bf Partei) gerichtet. In dieser Konstellation kann der Werbezweck der strittigen Kurznachricht jedenfalls nicht verneint werden.

 

Anders ist hingegen die weitere in Beschwerde gezogene Kurznachricht mit dem Inhalt "Entschuldige die kurze Störung. Du hast bis jetzt 42 EUR verbraucht. Viel Spaß weiterhin. Bei Fragen rufe 0820 oder E-Mail: I@***" zu beurteilen. Diesbezüglich enthält der angefochtene Bescheid keine Begründung dafür, warum die Nachricht als "zu Zwecken der Direktwerbung" einzustufen wäre. Eine solche Begründung liegt auch nicht auf der Hand. In der Rsp wurde zwar - wie ausgeführt - erkannt, dass auch die Gestaltung als Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht hindert. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass damit - ungeachtet der Bezeichnung und Gestaltung der Nachricht - Absatzförderung betrieben wird. Derartiges kann bei der oben angeführten SMS-Nachricht, die sich neben der Angabe einer Kontaktmöglichkeit auf die Bekanntgabe des Entgeltbetrages von (nach Ansicht der zweit-bf Partei) bereits bezogenen Leistungen beschränkte und - nach dem Vorbringen der bf Parteien - der Warnung des Kunden dienen sollte, nicht erkannt werden.