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23.10.2013 Baurecht

VwGH: Zum Deliktstypus des "Betreibens eines Vorhabens" nach § 45 Z 1 UVP-G 2000 und dem Beginn der Verfolgungsverjährung

Das Tatbild dieser Übertretung wird erfüllt, wenn und solange (fortgesetzte) Begehungshandlungen erfolgen; unterbleiben weitere Begehungsakte, so beginnt die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 31 VStG mit dem Ende des letzten Begehungsaktes zu laufen, und zwar auch dann, wenn der durch die verpönte Tätigkeit geschaffene Zustand (noch) nicht beseitigt worden ist


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Betreiben eines UVP-pflichtigen Vorhabens, fortgesetztes Begehungsdelikt, Verfolgungsverjährung
Gesetze:

§ 45 UVP-G 2000, § 31 VStG, § 22 VStG

GZ 2011/04/0002 [1], 12.09.2013

 

Die belBeh sah den Tatbestand des § 45 Z 1 UVP-G 2000 im vorliegenden Fall als erfüllt an, weil die Zweit-Bf in einem der Abbaufelder des UVP-pflichtigen Vorhabens schon vor Rechtskraft der UVP-Genehmigung Abbauarbeiten durchführen ließ, demnach also den Betrieb des Vorhabens (Entnahme mineralischer Rohstoffe iSd Anhanges 1 Z 25 lit b UVP-G 2000) bereits aufgenommen hatte.

 

Die bf Parteien wenden dagegen ein, eine Bestrafung nach § 45 Z 1 UVP-G 2000 komme nur in Betracht, wenn für die konsenslos vorgenommene Abbautätigkeit eine Fläche in Anspruch genommen werde, die für sich betrachtet UVP-pflichtig sei. Dies treffe im vorliegenden Fall aber nicht zu, weil die Materialentnahme nur auf einer Fläche von 3,5 ha stattgefunden habe (die UVP-Pflicht bestehe hingegen erst bei einer zusätzlichen Flächeninanspruchnahme von mindestens 5 ha). Eine andere Sichtweise führe dazu, dass derjenige, der sich für ein geplantes Erweiterungsvorhaben um eine Genehmigung nach dem UVP-G 2000 bemühe, gegenüber demjenigen, der keinen Antrag auf Genehmigung nach dem UVP-G 2000 stelle, benachteiligt würde.

 

VwGH: Das gegenständliche Vorhaben, nämlich die Erweiterung des bestehenden Abbaufeldes BWS I sowie die Hinzunahme der Abbaufelder EDITH I, ISABEL I und STEPHANIE I samt dazugehöriger Neben- bzw Bergbauanlagen, ist - wie sich aus dem rechtskräftig abgeschlossenen UVP-Verfahren ergibt - als Einheit anzusehen und unterlag damit der Genehmigungspflicht nach dem UVP-G 2000. Ausgehend davon durfte mit der Abbautätigkeit (sei es auch nur in einem Teilbereich des Vorhabens) erst nach Rechtskraft der UVP-Genehmigung begonnen werden. Anderenfalls würde das mit dem einheitlichen Vorhabensbegriff des UVP-G 2000 verfolgte Ziel, die Umgehung der UVP durch Aufteilung eines Gesamtvorhabens auf einzelne Teile zu verhindern, nicht erreicht. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die bf Parteien dadurch gegenüber einem Bergbauunternehmen, das keinen Genehmigungsantrag nach dem UVP-G 2000 gestellt hätte, benachteiligt wäre, weil auch dieses Unternehmen - bei gleich gelagertem Vorhaben - der UVP-Pflicht unterlägen wäre und daher die Durchführung oder der Betrieb des UVP-pflichtigen Vorhabens nach § 45 Z 1 UVP-G 2000 strafbar gewesen wäre. Die belBeh hat daher zutreffend erkannt, dass die gegenständliche Abbautätigkeit den Tatbestand des § 45 Z 1 UVP-G 2000 erfüllte.

 

Berechtigung kommt der Beschwerde jedoch zu, wenn sie sich gegen die von der belBeh vorgenommene Qualifikation der Übertretung nach § 45 Z 1 UVP-G als Unterlassungsdelikt wendet, welches nicht bloß die Herbeiführung, sondern auch die Aufrechterhaltung des gesetzwidrigen Zustandes pönalisiere.

 

Das nach § 45 Z 1 UVP-G 2000 pönalisierte "Betreiben" eines UVP-pflichtigen Vorhabens ohne die nach diesem Bundesgesetz erforderliche Genehmigung ist schon seinem Wortlaut nach ein fortgesetztes Begehungsdelikt. Das Tatbild dieser Übertretung wird daher erfüllt, wenn und solange (fortgesetzte) Begehungshandlungen (fallbezogen etwa Gewinnungstätigkeiten) erfolgen. Unterbleiben weitere Begehungsakte, so beginnt die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 31 VStG mit dem Ende des letzten Begehungsaktes zu laufen, und zwar auch dann, wenn der durch die verpönte Tätigkeit geschaffene Zustand (noch) nicht beseitigt worden ist.

 

Entgegen der Rechtsansicht der belBeh kommt daher dem schon im Berufungsverfahren (Verhandlung) erstatteten Vorbringen der bf Parteien, die Gewinnungstätigkeit im strittigen Bereich sei mehr als sechs Monate vor der ersten Verfolgungshandlung (vgl. § 32 VStG) eingestellt worden, entscheidungsrelevante Bedeutung zu. Da die belBeh die zur Beantwortung dieser strittigen Frage erforderlichen Feststellungen aufgrund ihres Rechtsirrtums nicht getroffen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid insofern als inhaltlich rechtswidrig.