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11.08.2015 Verkehrsrecht

VwGH: Irrtümlich vom VwG angenommene Verwaltungsübertretung des Parkens vor einer Haus- und Grundstückseinfahrt – Lenkererhebung gem § 103 Abs 2 KFG?

Die gesetzliche Auskunftspflicht ist nicht davon abhängig, dass rechtmäßiger Weise eine Bestrafung des Lenkers wegen einer Verwaltungsübertretung erfolgen darf; die Lenkeranfrage darf seitens der Behörde bloß nicht grundlos und somit willkürlich erfolgen


Schlagworte: Kraftfahrrecht, Pflichten des Zulassungsbesitzers, Lenkererhebung, irrtümlich angenommene Verwaltungsübertretung
Gesetze:

 

§ 103 KFG

 

GZ Ra 2014/02/0081 [1], 19.12.2014

 

Die Revisionswerberin bringt unter näherer Darstellung der Rsp des VwGH zum Auskunftsersuchen nach § 103 Abs 2 KFG vor, das angefochtene Erkenntnis des VwG weiche insofern von dieser ab, als bereits der Verdacht der Übertretung ua einer straßenpolizeilichen Vorschrift für eine Lenkeranfrage genüge und die Behörde nicht zu vorangehenden langwierigen und umfangreichen Ermittlungen in der Verwaltungsstrafsache selbst verpflichtet sei. Aus den Beanstandungsdaten sei auch eindeutig ersichtlich gewesen, dass die der Lenkeranfrage zugrundeliegende Verwaltungsübertretung nicht, wie vom VwG irrtümlich angenommen, darin bestanden habe, dass die mitbeteiligte Partei das angeführte Kfz am Tatort vor einer Haus- und Grundstückseinfahrt abgestellt hätte, sondern dass dieses Kraftfahrzeug entgegen den Bestimmungen des § 32 Abs 2 StVO nicht parallel, sondern schräg zum Fahrbahnrand gestanden sei. Vor diesem Hintergrund könne entgegen der Ansicht des VwG nicht davon ausgegangen werden, dass im vorliegenden Fall kein begründetes Behördeninteresse an der Erteilung einer Lenkerauskunft bestehe.

 

Doch auch wenn die irrtümlich vom VwG angenommene Verwaltungsübertretung des Parkens vor einer Haus- und Grundstückseinfahrt vorläge, sei die Einholung einer Lenkerauskunft durch die Behörde nicht grundlos und würde die Verpflichtung des Zulassungsbesitzers zur Auskunftserteilung auslösen.

 

Die mitbeteiligte Partei hat im Verfahren nicht bestritten, die Lenkeranfrage nicht beantwortet zu haben; auch das VwG geht von dieser Sachlage aus, vermeint aber, dass nach seiner Beurteilung der die Lenkeranfrage ausgelöst habenden Verwaltungsübertretung nach der StVO kein behördliches Interesse an einer Lenkeranfrage gegeben sei.

 

VwGH: Wie die Revisionswerberin demgegenüber zutreffend ausgeführt hat, schützt die Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung. Sinn und Zweck der Bestimmung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen, wobei die Lenkeranfrage auch einem anderen Zweck als dem der Ausforschung eines Straßenverkehrstäters dienen kann.

 

Die gesetzliche Auskunftspflicht ist auch nicht davon abhängig, dass rechtmäßiger Weise eine Bestrafung des Lenkers wegen einer Verwaltungsübertretung erfolgen darf; die Lenkeranfrage darf seitens der Behörde bloß nicht grundlos und somit willkürlich erfolgen.

 

Für die Annahme, die Behörde habe im vorliegenden Fall ohne jeglichen Grund willkürlich Auskunft verlangt, bestand angesichts der für die Lenkeranfrage Anlass gegeben habenden Verwaltungsübertretung kein Hinweis.

 

Davon ausgehend war die mitbeteiligte Partei aber verpflichtet, die gesetzliche Auskunftspflicht zu erfüllen, dies unbeachtlich der im gegenständlichen Verfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht nicht relevanten Erwägungen, die das VwG zu dem die Lenkeranfrage auslösenden verwaltungsstrafrechtlichen Delikt angestellt hat.

 

Nach der hg Rsp ist der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 2 KFG erfüllt, wenn eine Lenkerauskunft des Zulassungsbesitzers nicht richtig und vollständig erfolgt ist.