25.04.2003 Gesetzgebung

Regierungsvorlage zum internationalen Insolvenzrecht


Über den Ministerialentwurf zu diesem Gesetzesvorhaben berichteten wir in der JusGuide Ausgabe Nr. 47/2002 - über die jetzt veröffentlichte Regierungsvorlage wollen wir daher nur in aller Kürze berichten und erst bei in Kraft Treten des Gesetzes, einen genaueren Blick auf das "Endprodukt" werfen. Da sich aber schon der Ministerialentwurf, soweit die Sanierung und Liquidation von Versicherungen und Kreditinstituten geregelt werden, weitestgehend an die zugrundeliegende EU- Richtlinie gehalten hat, ist diesbezüglich mit keinen weitgehenden Änderungen zu rechnen.

Apropos In Kraft Treten: die Unsetzungsfristen der EU-Richtlinien werden zum Teil - soviel steht fest - wieder einmal nicht eingehalten werden: die RL über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen hätte bis 19.04.2003 umgesetzt werden sollen - für die RL - Umsetzung über Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten ist noch bis 05.05.2004 Zeit. Dies sind auch die in der RV vorgesehenen Termine. Die geplanten Änderungen der KO, AO und des IEG sollen mit 01.07.2003 Gesetz werden.

Zur Wiederholung der wesentlichen Ziele der RV:

Laut Rechtsprechung des OGH erstrecken sich die Rechtswirkungen eines inländischen Konkurses nur auf ausländische Staaten, mit denen internationale Übereinkommen getroffen wurden - umgekehrt werden in Österreich nur in der EU anhängig gemachte Insolvenzverfahren anerkannt. Dies führt zu einer Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen, da außerhalb der EU ein in Österreich bestellter Masseverwalter nicht auf im Drittland gelegenes Vermögen greifen kann - hier ist weiterhin der Schuldner selbst verfügungsberechtigt. Dies verführt zur "Kapitalflucht", welcher mit der EU RL und der nunmehr veröffentlichten RV Einhalt geboten werden soll - künftig sollen sich die Wirkungen eines in Österreich eröffneten Konkurses auch ohne Staatsvertrag auf das im Ausland gelegene Vermögen erstrecken. Außerdem sollen Regelungen für die Anerkennung ausländischer Insolvenzen geschaffen werden - dies soll gelten, wenn das Insolvenzverfahren einem österreichischen vergleichbar ist. Ein ausländisches Verfahren soll nicht anerkannt werden, soweit in Österreich bereits ein Konkurs eröffnet wurde.

Da die EU Richtlinien im Bereich der Sanierung von Versicherungen und Kreditinstituten das österreichische Aufsichtsrecht, im Bereich der Liquidation aber die öst. Konkursordnung betreffen, werden sie v.a. durch Änderungen im VAG, im BWG und in der KO (in einem neuen Vierten Teil "Internationales Insolvenzrecht") umgesetzt.

ACHTUNG!: die Regelungen der EU-RL über das Liquidationsverfahren decken sich im wesentlichen mit der Verordnung (EG) Nr. 1346/200 vom 31.05.2002 (EuInsVO), welche bereits ihre unmittelbare Wirkung entfaltet hat, aus deren Anwendungsbereich jedoch Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute ausgenommen sind!

Zu den einzelnen Punkten des Entwurfs verweisen wir auf unsere Besprechung zum Ministerialentwurf (!!!) und gehen hier nur auf die Änderungen, die sich seither ergeben haben, ein und heben einzelne Punkte (nochmals) hervor:

§§ 217 bis 251(statt: bis § 245) KO: der (neue) Vierte Teil der Konkursordnung soll die Überschrift "Internationales Insolvenzrecht" tragen und in drei (statt: zwei) Hauptstücke gegliedert werden:

Zunächst wird unter Hervorhebung der EuInsVO der Vorrang internationaler Rechtsakte zur nationalen Gesetzeslage betont. Im Anschluss daran werden die bislang in den §§ 7 bis 9 IEG enthaltenen ergänzenden Bestimmungen zur EuInsVO in die KO aufgenommen.

Ins zweite (Bisher: erste) Hauptstück sollen die allgemeinen Regeln über grenzüberschreitende Insolvenzverfahren einfließen - im dritten (bisher: zweiten) Hauptstück sollen die oben näher beschriebenen Richtlinien für Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute umgesetzt werden.

§§ 221 bis 225 sollen für österreichische UND im Ausland eröffnete Insolvenzverfahren gelten - hier wird nicht nur auf Konkurse, sondern auf Insolvenzverfahren allgemein Bezug genommen.

Dingliche Rechte an Auslandsvermögen sollen von österreichischen, österreichische dingliche Rechte sollen von im Ausland eröffneten Insolvenzen unberührt bleiben (s. § 222). Für die Rechte an Liegenschaften gilt allgemein die lex rei sitae (hier greift das Internationale Privatrecht) - einer ausdrücklichen Klarstellung bedurfte es daher nicht - sonst: siehe § 225

Die in § 226 Abs.2 vorgesehene Anfechtbarkeitsregelung gilt lt. EU RL zwar nur für Versicherungen, soll aber allgemein anwendbar sein.

§ 236 trifft eine Klarstellung, die vor allem für die Frage der Reziprozität von Bedeutung ist: Gläubiger können ihre Forderungen unabhängig von (Wohn)sitz oder Staatsangehörigkeit geltend machen. Dies bedeutet keine Änderung der geltenden Rechtslage, da es auch bisher keine Sonderregelungen für ausländische Gläubiger gibt.

§§ 238 und 239 wollen eine bestmögliche Effizienz des Insolvenzverfahrens mit Auslandsbezug gewährleisten: so sollen die Liquidatoren Personen bestellen können "deren Aufgabe es ist, sie bei der Abwicklung (...) zu unterstützen und gegebenenfalls zu vertreten und zwar insbesondere in den Aufnahmemitgliedstaaten (...)". Der inländische Masseverwalter soll außerdem verpflichtet werden, den ausländischen Verwalter über alles zu informieren, was für das ausländische Verfahren wesentlich ist oder auch sein könnte. Dies gilt insbesondere für die Konkurseröffnung und die geplante Masseverwertung.

§ 240 trifft Gläubigerschutz- bzw. Gleichbehandlungsregelungen: ein ausländisches Insolvenzverfahren ist nur dann anzuerkennen, wenn es den Grundzügen des österreichischen entspricht. Dieses Prinzip gilt auch für die Anerkennung einer ausländischen "Restschuldbefreiung". Absatz 3 sichert den Vorrang des österreichischen Verfahrens bei Verfahrenshäufung.

§ 244 klärt die Frage der Gerichtszuständigkeit: eine Konkurseröffnung in Österreich soll nur zulässig sein, wenn zumindest eine Zweigstelle oder Zweigniederlassung in Österreich besteht.

Die §§ 96 und 190 laut MinE, wonach eine Beauftragung von Vollstreckungsorganen mit der Inventarisierung mehr im Bereich der Eigenverwaltung möglich sein hätte sollen, sowie des § 120b laut MinE, wonach den Masseverwaltern der vertragliche Ausschluss der Gewährleistung ermöglicht werden hätte sollen, sind in der Regierungsvorlage nicht mehr aufzufinden.