17.01.2012 Zivilrecht

OGH: Verjährung von Ersatzansprüchen gem § 6 Abs 1 AHG

Entwickeln sich aus einer einzigen schädigenden Verhaltensweise fortlaufend gleichartige schädliche Folgen, die im überschaubaren Zusammenhang stehen und schon ursprünglich voraussehbar waren, so handelt es sich um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entstand; in solchen Fällen sind die Wirkungen des schädigenden Ereignisses bekannt, auch wenn erst ein Teil von ihnen eingetreten ist; die Verjährungsfrist beginnt daher ab Kenntnis der ersten schädigenden Auswirkung zu laufen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Amtshaftungsrecht, Ersatzansprüche, Verjährung, Kenntnis des Schadens, Entstehung des Schadens, einzige schädigende Verhaltensweise, fortlaufende gleichartige schädliche Folgen, Abschluss eines behördlichen Verfahrens
Gesetze:

§ 1 AHG, § 6 AHG, §§ 1295 ff ABGB

GZ 1 Ob 183/11k, 24.11.2011

 

OGH: Nach der Sonderregelung des § 6 Abs 1 AHG verjähren Ersatzansprüche nach § 1 AHG in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist, keinesfalls aber vor einem Jahr nach Rechtskraft einer rechtsverletzenden Entscheidung oder Verfügung. Ist dem Geschädigten der Schaden nicht bekannt geworden, so verjährt der Ersatzanspruch erst nach zehn Jahren nach der Entstehung des Schadens. Für den Beginn des Fristenlaufs stellen die Verjährungsbestimmungen des AHG nicht auf das schädigende Ereignis und die Kenntnis des Schädigers, sondern auf die Entstehung (= Wirksamkeit) des Schadens und bei der dreijährigen Verjährungsfrist auf dessen Kenntnis ab. Die in § 6 Abs 1 AHG vorgesehene dreijährige Verjährung beginnt zwar nicht vor dem tatsächlichen Schadenseintritt zu laufen, mit dessen positiver Kenntnis wird sie aber auch schon dann in Lauf gesetzt, wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern kann oder ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Entwickeln sich nun aus einer einzigen schädigenden Verhaltensweise fortlaufend gleichartige schädliche Folgen, die im überschaubaren Zusammenhang stehen und schon ursprünglich voraussehbar waren, so handelt es sich um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entstand. In solchen Fällen sind die Wirkungen des schädigenden Ereignisses bekannt, auch wenn erst ein Teil von ihnen eingetreten ist; die Verjährungsfrist beginnt daher ab Kenntnis der ersten schädigenden Auswirkung zu laufen. Die schon eingetretenen und aus demselben Schadensereignis voraussehbaren zukünftigen Schäden (Teil[-folge-]schäden) bilden verjährungsrechtlich eine Einheit. Sie lösen verjährungsrechtlich keinen gesonderten Fristenlauf aus. Der drohenden Verjährung des Feststellungsanspruchs für solche Folgeschäden ist wie nach § 1489 erster Satz ABGB mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen.

 

Zwar kann im Regelfall von einer Kenntnis des Schadens erst nach Abschluss eines behördlichen Verfahrens ausgegangen werden, sofern nämlich erst mit dessen Ergebnis feststeht, ob dem Geschädigten überhaupt ein Schaden entstanden ist. Dies gilt aber nur dann, wenn bis zum Vorliegen des endgültigen Verfahrensergebnisses Ungewissheit über die Entstehung eines Schadens besteht. Ausreichende Kenntnis vom Schaden kann allerdings im Einzelfall auch gegeben sein, wenn bereits vorher „gesicherte Verfahrensergebnisse“ vorliegen oder der Geschädigte erdrückende Beweise ignoriert.