17.01.2012 Zivilrecht

OGH: Beschränktes Belastungs- und Veräußerungsverbot gem § 364c ABGB – zur Wirksamkeit und zum Umfang einer vorab erteilten Zustimmung zu bestimmten Belastungen

Die erteilte Vorabzustimmung zu (allen) anderen Belastungen wirkt nur insoweit, als es sich tatsächlich um andere Belastungen handelt; dass dies zutrifft, hat derjenige zu behaupten und in grundbuchsfähiger Form nachzuweisen, der um eine solche andere Belastung ansucht


Schlagworte: Grundbuchsrecht, beschränktes Veräußerungs- und Belastungsverbot, Vorabzustimmung, Behauptungs- und Beweislast
Gesetze:

§ 364c ABGB, § 94 GBG, § 32 GBG, § 5 GBG, § 98 GBG

GZ 5 Ob 196/11a, 09.11.2011

 

Punkt VI des Übergabsvertrags lautet:

„Belastungs- und Veräußerungsverbot

 

Die Übernehmer verpflichten sich, das Übergabsobjekt ohne Zustimmung der Übergeber weder zu belasten noch zu veräußern und räumen ihnen daher dementsprechend das Belastungs- und Veräußerungsverbot im Sinne des § 364c des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches am Übergabsobjekt ein, welches Recht hiemit von den Übergebern angenommen wird und im Grundbuch sicherzustellen ist.

 

Die Übergeber stimmen ausdrücklich der Belastung der Liegenschaft zu außer für den Ankauf von forstwirtschaftlichen Grundstücken.

 …“

 

OGH: Ein nach § 364c ABGB unter Nachweis der Angehörigeneigenschaft verbüchertes Belastungs- und Veräußerungsverbot bewirkt ganz grundsätzlich eine allgemeine Grundbuchsperre für sämtliche rechtsgeschäftliche oder zwangsweise begehrte, vom Verbot erfassten Eintragungen, im Konkreten die Einverleibung eines Vertragspfandrechts.

 

In dem als reinem Akten- und Urkundenverfahren ausgestalteten Grundbuchsverfahren ist das Grundbuchsgericht zufolge § 94 Abs 1 Z 1 GBG zur materiellen Prüfung verpflichtet, ob durch eine eingetragene Verfügungsbeschränkung ein Hindernis aus dem Grundbuchstand der begehrten Bewilligung entgegensteht. Ist dies der Fall, bedarf eine Verfügung regelmäßig der Zustimmung des Verbotsberechtigten in einverleibungsfähiger Form (§ 32 Abs 1 lit b GBG). Bei fehlender ausdrücklicher Zustimmung des Verbotsberechtigten kann die Frage, ob er zur Zustimmung verpflichtet wäre, nur im Prozessweg ausgetragen werden.

 

Dem verbücherten Verbot widersprechende Eintragungen (auch die Vormerkung etwa eines Pfandrecht) sind unwirksam. Diese Unzulässigkeit ist von Amts wegen zu beachten.

 

Die Revisionsrekurswerber vertreten die Ansicht, nach der Formulierung des Verbots beziehe sich dieses nur auf Pfandrechtseintragungen zur Sicherung von Darlehensaufnahmen zum Ankauf forstwirtschaftlicher Gründe und sei daher hier nicht anzuwenden. Diesem Argument ist Folgendes entgegenzuhalten:

 

In Befolgung des Gebots der §§ 5 und 98 GBG wurde bei Bewilligung und Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbots auf die genau bezeichnete Stelle der Urkunde (Übergabsvertrag) Bezug genommen, womit die bezogene Stelle als im Hauptbuch eingetragen anzusehen ist. Dass ein Belastungs- und Veräußerungsverbot auch mit Beschränkungen begründet und ins Grundbuch eingetragen werden kann, hat der OGH bereits bejaht. So wird ein Belastungs- und Veräußerungsverbot mit der Beschränkung, dass es nicht für die Veräußerung an bestimmte Personen gilt, als zulässig angesehen. Auch die im vorliegenden Fall vorgenommene Einschränkung des Belastungsverbots auf Pfandrechte, die der Sicherung des Ankaufs forstwirtschaftlicher Grundstücke dienen, ist im Grundsätzlichen nicht zu beanstanden.

 

Aus dem oben wiedergegebenen Inhalt des Vertragspunktes 6. ergibt sich der Umfang des vereinbarten und verbücherten Verbots deutlich: Das Verbot betrifft (nur) Belastungen der Liegenschaft, die zur Anschaffung einer forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaft eingegangen werden. Insoweit ist den Revisionsrekurswerbern Recht zu geben.

 

Es darf aber nicht übersehen werden, dass die erteilte Vorabzustimmung zu (allen) anderen Belastungen nur insoweit wirkt, als es sich tatsächlich um andere Belastungen handelt. Dass dies zutrifft, hat derjenige zu behaupten und in grundbuchsfähiger Form nachzuweisen, der um eine solche andere Belastung ansucht. Die gewählte Formulierung, dass für alle sonstigen Belastungen bereits die Zustimmung erteilt wird, gebietet keine andere Beurteilung.

 

In der Regel ist die Prüfung rechtshindernder oder rechtsvernichtender Tatsachen der Kognitionsbefugnis des Grundbuchrichters entzogen. Trotz der Formulierung des Belastungsverbots und der erteilten Vorwegzustimmung geht es aber hier nicht um eine Berücksichtigung rechtshindernder Umstände, sondern um die Wahrnehmung eines aus dem Grundbuchstand hervorgehenden, einer positiven Gesuchserledigung entgegenstehenden Hindernisses iSd § 94 Abs 1 Z 1 GBG.

 

Darauf, dass die vorgelegten Pfandurkunden nicht geeignet sind, den Umstand zu erweisen, dass die Darlehensaufnahme nicht zu dem vom Verbot erfassten Zweck erfolgte, haben bereits die Vorinstanzen zutreffend hingewiesen.

 

Mit ihrer erstmals im Rekurs abgegebenen und im Revisionsrekurs wiederholten „Erklärung“, das durch die Pfandrechte zu besichernde Darlehen nicht zum Zweck des Erwerbs von forstwirtschaftlichen Grundstücken aufgenommen zu haben, verkennen die Revisionsrekurswerber den Kern der Bestimmung des § 32 Abs 1 lit b und Abs 2 GBG und verstossen damit überdies gegen das im Grundbuchverfahren geltende Neuerungsverbot des § 122 Abs 2 GBG.