VwGH: Vollmachtserteilung (erst) im Verfahren vor dem VwGH
War der Bf im Verwaltungsverfahren unvertreten, so hatte seine anwaltliche Vertretung im Verfahren vor dem VwGH nicht zur Folge, dass weitere Zustellungen im (fortgesetzten) Verwaltungsverfahren nicht an ihn, sondern an den Rechtsanwalt zu erfolgen haben
§ 10 AVG, § 23 VwGG, § 9 ZustG
GZ 2009/07/0162, 15.09.2011
Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften meint der Bf, er sei im Recht auf Gewährung des Parteiengehörs verletzt worden. Im Rahmen des bisherigen Verwaltungsverfahrens habe er nach Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 21. April 2005 dem einschreitenden Rechtsvertreter Vollmacht erteilt und dieser habe unter Berufung auf seine erteilte Vollmacht zunächst das außerordentliche Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zur Zl 2005/07/0088 erhoben. Diese Vollmachtserteilung sei aber weder befristet noch auf das Verfahren vor dem VwGH beschränkt gewesen. Durch die Aufhebung des Berufungsbescheides durch den VwGH sei die erteilte Vollmacht auch keinesfalls unwirksam geworden. Die belangte Behörde hätte daher das Berufungsverfahren dergestalt durchführen müssen, dass Zustellungen von Ladungen, Schriftstücken und Bescheiden grundsätzlich an den Rechtsvertreter des Bf hätten erfolgen müssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Zufolge nicht gehöriger Verständigung des Parteienvertreters sei der Bf in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden.
VwGH: Mit diesem Vorbringen verkennt der Bf die Rechtslage. Nach seinem eigenen Vorbringen erfolgte die Vollmachtserteilung zwischen ihm und seinem Rechtsvertreter erst nach rechtskräftigem Abschluss des (ersten) Verwaltungsverfahrens mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 2005. Dass er seinem Vertreter bereits während dieses Verwaltungsverfahrens Vollmacht erteilt gehabt habe, behauptet der Bf nicht. Die Vollmacht, von der hier die Rede ist, wurde (erst) im Verfahren vor dem VwGH erteilt.
Entgegen der Ansicht des Bf hat eine im Beschwerdeverfahren vor dem VwGH ausgewiesene Vollmacht aber nicht zur Folge, dass die Behörde im fortgesetzten Verfahren ihren Bescheid zu Handen des Beschwerdevertreters zustellen muss. Diese Verpflichtung bestünde nur dann, wenn der Rechtsvertreter bereits im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren gegenüber der Behörde ausgewiesen gewesen und - sofern nichts Gegenteiliges hervorkommt - vom aufrechten Bestand dieses Vollmachtsverhältnisses auszugehen wäre. Von einer Einheit hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens und des Verfahrens vor dem VwGH kann keine Rede sein. Eine Vertretung vor dem VwGH schließt also nicht ohne weiteres auch eine Vertretung für das daran anschließende fortgesetzte Verwaltungsverfahren mit ein.
Der Bf behauptet auch nicht, während des fortgesetzten Verfahrens vor der belangten Behörde dieser gegenüber die Vertretung durch seinen Rechtsvertreter angezeigt zu haben; er wirkte zudem persönlich am fortgesetzten Verfahren durch Teilnahme am Lokalaugenschein bzw durch Erstattung einer Stellungnahme mit.
Die belangte Behörde konnte daher ohne Verletzung von Rechten des Bf davon ausgehen, dass dieser weiterhin im Verwaltungsverfahren unvertreten war.