31.01.2012 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Angemessene besondere Vergütung für eine Diensterfindung gem § 8 PatG – kann der Dienstgeber, dem von einem Dienstnehmer eine gemachte Erfindung überlassen wird, zur Rechnungslegung gem § 151 PatG verpflichtet werden?

§ 151 PatG ist nicht nur auf deliktische Ansprüche anzuwenden; vielmehr ist per analogiam - besonders nach Auflösung des Dienstverhältnisses - auch einem Dienstnehmer, der Anspruch auf eine Vergütung für eine Diensterfindung hat, sowohl der Rechnungslegungsanspruch als auch der Anspruch zuzuerkennen, die gelegte Rechnung durch Sachverständige prüfen zu lassen


Schlagworte: Patentrecht, Diensterfinder, angemessene besondere Vergütung, Rechnungslegung, Prüfung durch Sachverständige, Stufenklage
Gesetze:

§ 8 PatG, § 9 PatG, § 151 PatG, Art XLII EGZPO

GZ 9 ObA 7/11m, 21.12.2011

 

OGH: Dem Dienstnehmer gebührt gem § 8 Abs 1 PatG in jedem Fall für die Überlassung einer von ihm gemachten Erfindung an den Dienstgeber sowie für die Einräumung eines Benützungsrechts hinsichtlich einer solchen Erfindung eine angemessene besondere Vergütung. Bei der Bemessung dieser Vergütung ist gem § 9 PatG nach den Umständen des Falls insbesondere Bedacht zu nehmen auf die wirtschaftliche Bedeutung der Erfindung für das Unternehmen (lit a), auf eine sonst etwa erfolgte Verwertung der Erfindung im Inland oder Ausland (lit b) und auf den Anteil, den Anregungen, Erfahrungen, Vorarbeiten oder Hilfsmittel des Unternehmens des Dienstgebers oder dienstliche Weisungen an dem Zustandekommen der Erfindung gehabt haben (lit c).

 

Nach § 151 PatG ist der „Verletzer“, also derjenige, der ein Patent unbefugt verwendet (siehe § 150 Abs 1 PatG), dem Verletzten zur Rechnungslegung und dazu verpflichtet, deren Richtigkeit durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen. Eine ausdrückliche Norm, die auch den Dienstgeber, dem von einem Dienstnehmer eine gemachte Erfindung überlassen wird, zur Rechnungslegung verpflichtet, fehlt im Gesetz. Nach der Rsp ist § 151 PatG aber nicht nur auf deliktische Ansprüche anzuwenden; vielmehr ist per analogiam - besonders nach Auflösung des Dienstverhältnisses - auch einem Dienstnehmer, der Anspruch auf eine Vergütung für eine Diensterfindung hat, sowohl der Rechnungslegungsanspruch als auch der Anspruch zuzuerkennen, die gelegte Rechnung durch Sachverständige prüfen zu lassen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass in der Regel auch dem Diensterfinder erst mit der Rechnungslegung die Möglichkeit eröffnet wird, seine Ansprüche dem Grund und der Höhe nach zu konkretisieren.

 

Inhalt und Umfang der Verpflichtung nach § 151 PatG richten sich nach dem Zweck der Rechnungslegung, von dem es auch abhängt, ob im Einzelfall die Vorlage von Belegen dazugehört. Zweck der Rechnungslegung ist es, den jeweils Berechtigten in die Lage zu versetzen, die Grundlage für seine Ansprüche zu ermitteln. Um diesem Zweck zu genügen, gewährt die Rsp grundsätzlich Einsicht in die Wareneingangs- und Warenausgangsrechnungen, sofern einer derartigen Einsicht nicht besondere Geheimhaltungsinteressen des Rechnungslegungspflichtigen entgegenstehen. Vom Anspruch auf Rechnungslegung hinsichtlich der durch die Erfindung gemachten Umsätze wird von der LuRsp auch hinsichtlich des Diensterfinders ausgegangen. Dass das Berufungsgericht im vorliegenden Fall die Pflicht der Beklagten bejahte, dem Kläger über alle (im Urteilsspruch näher spezifizierte) Umsätze unter Vorlage der Handelsbücher und Anschluss sämtlicher Eingangs- und Ausgangsfakturen Rechnung zu legen sowie die Richtigkeit dieser Rechnung durch einen Buchsachverständigen prüfen zu lassen, entspricht damit dem Vorgesagten und ist nicht zu beanstanden. Der Umfang der Rechnungslegung hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.

 

Soweit der Revisionswerber beanstandet, dass ihm das Berufungsgericht nicht auch die Rechnungslegung über „Zahlungsansprüche“ und „Kostenersparnisse“ der Beklagten zusprach, ist er auf die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur insoweit mangelnden Bestimmtheit des Rechnungslegungsbegehrens zu verweisen. Das Berufungsgericht folgte diesbezüglich den in erster Instanz mehrfach vorgebrachten Einwänden der Beklagten, denen der Kläger insoweit nur wenig entgegensetzte. So ist es zwar richtig, dass der Kläger in erster Instanz allgemein vom „Einsparungspotential“ seiner Erfindungen sprach. Eine darauf abzielende Klage auf Rechnungslegung setzt jedoch - selbst wenn man die Anforderungen gering hält - mehr an Bestimmtheit voraus, zumal im Exekutionsverfahren vom Exekutionsgericht bei der Beurteilung der Frage, ob die verpflichtete Partei ordnungsgemäß Rechnung gelegt hat, zumindest festzustellen ist, ob sich die von ihr vorgelegten Urkunden als eine dem Exekutionstitel entsprechende Rechnung darstellen. Ähnliche Erwägungen bezüglich der mangelnden Bestimmtheit können auch für die dem Kläger vorschwebenden „Zahlungsansprüche“ gelten.