01.02.2012 Sonstiges

VwGH: Festlegung eines Wasserschutzgebietes gem § 34 WRG

§ 34 Abs 1 WRG ist der Grundsatz der Eingriffsminimierung immanent; Anordnungen iS dieser Gesetzesstelle sollen nur in dem Ausmaß getroffen werden, in dem sie im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erforderlich sind


Schlagworte: Wasserrecht, Wasserschutzgebiet, öffentliches Interesse, Trinkwasserbrunnen, Trinkwasserversorgung
Gesetze:

§ 34 WRG

GZ 2009/07/0175, 22.12.2011

 

VwGH: Nach stRsp des VwGH sind Schutzgebietsbestimmungen gem § 34 Abs 1 WRG Anordnungen, die im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erlassen werden. Dass eine Schutzgebietsbestimmung im öffentlichen Interesse gelegen ist, schließt nicht aus, dass sie auch Interessen des Wasserbenutzungsberechtigten dient. Es besteht keine Verpflichtung der Wasserrechtsbehörde, eine Abwägung zwischen den öffentlichen und den damit kollidierenden privaten Interessen Dritter vorzunehmen, vielmehr ist lediglich die Tauglichkeit der vorgesehenen Schutzmaßnahmen im Hinblick auf die in § 34 Abs 1 WRG festgelegten Schutzziele zu prüfen.

 

Das öffentliche Interesse an einer Trinkwasserversorgung mit reinem Wasser ist auch bei einer bloß geringen Anzahl von Versorgten als gegeben anzusehen. In dem Erkenntnis vom 1. Februar 1983, 82/07/0203, VwSlg 10.964/A, führte der VwGH aus, der Umstand, dass der die Erklärung näher genannter Grundstücke zum Quellschutzgebiet beantragende Bf seinen Trink- und Nutzwasserbedarf für sein bestehendes und in Fertigstellung begriffenes Haus aus einer bestehenden Gemeinschaftsleitung beziehen könnte, berechtige die Behörde nicht, einen Schutz für eine bestehende Wasserversorgungsanlage zu versagen. Nach dem diesem Erkenntnis zugrunde gelegenen Sachverhalt hatten geologische Gutachten die betroffenen Grundparzellen ausdrücklich als notwendiges Quellschutzgebiet für den Wasserbezug des Bf aus der in Rede stehenden Quelle erklärt. Ferner durfte der Bf nach seiner Darstellung von der Wassergenossenschaft vorübergehend und kurzfristig Wasser beziehen, nachdem das Quellwasser durch die Ausfuhr von Jauche auf den oberhalb liegenden Flächen als Trink- und Nutzwasser unbrauchbar geworden war. Ein weiterer Wasserbezug wurde ihm nicht genehmigt.

 

Unbestritten besteht an der Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser ein großes öffentliches Interesse. Aus dem zuletzt zitierten Erkenntnis des VwGH ist jedoch nicht zwingend abzuleiten, dass die Einräumung eines Schutzgebietes für einen Wasserbezug aus einem Hausbrunnen in jedem Fall und ohne nähere Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls im öffentlichen Interesse gelegen sein muss.

 

Die Liegenschaft der mP, deren Trinkwasserversorgung der in Rede stehende Hausbrunnen ausschließlich dienen soll, ist an die - nach den Angaben der mP lediglich als Notwasserversorgung genutzte - öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. Davon ausgehend ist aber ein öffentliches Interesse, das § 34 Abs 1 WRG für die Bestimmung eines Schutzgebietes fordert, nur mehr unter ganz besonderen, von der Behörde eingehend zu begründenden Umständen denkbar. Eine solche Begründung ist dem angefochtenen Bescheid jedoch in keiner Weise zu entnehmen.

 

Da die belangte Behörde - infolge der ihrer Entscheidung offenkundig zugrunde liegenden unzutreffenden Rechtsansicht, eine Schutzgebietsausweisung für einen Trinkwasserbrunnen liege (auf Grund des öffentlichen Interesses an einer Trinkwasserversorgung mit reinem Wasser) jedenfalls im öffentlichen Interesse - nicht die für die diesbezügliche Beurteilung notwendigen Feststellungen getroffen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

 

§ 34 Abs 1 WRG sieht eine Zustimmung der betroffenen Grundeigentümer zur Festlegung eines Schutzgebietes nicht vor. Grundeigentümern im Schutzgebietsbereich kommt aber das Recht zu, sowohl gegen die Einbeziehung ihrer Grundstücke in ein Schutzgebiet als auch gegen die vorgesehenen Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung ihrer Grundstücke Einwendungen zu erheben. Sie sind ferner - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - gem § 34 Abs 4 WRG für die durch Schutzgebietsanordnungen erfolgenden Beschränkungen ihres Eigentums vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen. Darüber hinaus ist § 34 Abs 1 WRG der Grundsatz der Eingriffsminimierung immanent: Anordnungen iS dieser Gesetzesstelle sollen nur in dem Ausmaß getroffen werden, in dem sie im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erforderlich sind.