08.02.2012 Baurecht

VwGH: § 3a Abs 6 UVP-G 2000 – Kumulierung der Auswirkungen und Einzelfallprüfung

Der "Leitfaden UVP und IG-L" des Umweltbundesamtes stellt keine Verordnung iSd § 3 Abs 5 UVP-G 2000 dar


Schlagworte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, Kumulierung der Auswirkungen, Einzelfallprüfung, Verordnung, Leitfaden
Gesetze:

§ 3a Abs 6 UVP-G 2000, § 3 UVP-G 2000

GZ 2006/04/0144, 21.12.2011

 

VwGH: Gem § 3a Abs 6 UVP-G 2000 ist im Rahmen der Einzelfallprüfung zu beurteilen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist.

 

Die belangte Behörde ist im vorliegenden Fall davon ausgegangen, schon die Vorbelastung durch Feinstaub (PM 10) übersteige die nach dem IG-L zulässigen Grenzwerte (Tagesmittelwerte). Die durch das gegenständliche Vorhaben hinzukommende Feinstaubbelastung sei zwar unbestrittenermaßen gering, führe aber nach Ansicht der belangten Behörde deshalb zu erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt iSd § 3a Abs 6 UVP-G 2000, weil - so der Kern der Begründung des angefochtenen Bescheides - nach dem "Leitfaden UVP und IG-L" des Umweltbundesamtes (der nach den Ausführungen des angefochtenen Bescheides mangels gesetzlicher Bestimmungen als "Hilfestellung" herangezogen werde) in Fällen wie dem vorliegenden (Gebiet mit Grenzwertüberschreitung) ohne gleichzeitige emissionsmindernde Maßnahmen eine Zusatzbelastung nur bis zur "Bagatellgrenze" (nach dem Leitfaden hier: 1% des Jahresmittelwertes) zulässig sei.

 

Damit geht die belangte Behörde von falschen Beurteilungskriterien aus:

 

Die im vorliegenden Fall entscheidende Frage, ob mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt iSd § 3a Abs 6 UVP-G 2000 zu rechnen ist, ist nach dem vorletzten Satz des § 3a Abs 6 leg cit nach den Kriterien des § 3 Abs 4 Z 1 bis 3 leg cit zu beurteilen. Diese Kriterien können zwar gem § 3 Abs 5 leg cit durch Verordnung näher geregelt werden, doch lag eine diesbezügliche Verordnung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht vor, insbesondere stellt auch der erwähnte "Leitfaden" des Umweltbundesamtes keine Verordnung iSd § 3 Abs 5 leg cit dar.

 

Die belangte Behörde hätte daher im Rahmen der Einzelfallprüfung aufgrund einer Grobbeurteilung erforderlichenfalls auf sachverständiger Grundlage zu klären gehabt, ob nach den Kriterien des § 3 Abs 4 Z 1 bis 3 UVP-G 2000 (vgl zu diesen Kriterien auch Art 4 Abs 3 und Anhang III der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997) mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.