VwGH: Arbeitswilligkeit gem § 9 AlVG – vermittelte zumutbare Beschäftigung und sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit iSd Abs 1
Die in § 10 AlVG vorgesehenen Sanktionen kommen auch bei der Ausschlagung einer "sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" in Frage
§ 9 AlVG, § 10 AlVG
GZ 2009/08/0264, 21.12.2011
VwGH: Eine sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit unterscheidet sich nach dem aus dem Gesetzeswortlaut abzuleitenden Konzept des Gesetzgebers von der bloßen Vermittlung durch die regionale Geschäftsstelle dadurch, dass sich eine Arbeitsmöglichkeit in der Regel erst dann "bieten" wird, wenn es entweder nur mehr am Dienstnehmer liegt, dass ein Beschäftigungsverhältnis zustande kommt, oder wenn zumindest der potentielle Dienstgeber direkt mit der arbeitsuchenden Person in Kontakt tritt und ihr (zumindest) ein Vorstellungsgespräch offeriert.
Die Verpflichtung einer arbeitslosen Person, eine vom AMS vermittelte oder sich sonst bietende Beschäftigung innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen des § 9 Abs 2 bis 4 AlVG anzunehmen, deren Verletzung gem § 10 AlVG mit dem Verlust von Geldleistungen durch mindestens sechs Wochen sanktioniert ist, dient dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Das Gesetz überlässt es aber der arbeitslosen Person selbst, vorerst die näheren Bedingungen der ihr von der regionalen Geschäftsstelle bekannt gegebenen oder der sonst sich bietenden Beschäftigung (wie Inhalt der Arbeitsverpflichtung, Arbeitszeit, Entlohnung und ähnliches) mit dem potentiellen Arbeitgeber zu besprechen, und verpflichtet sie sodann, dessen Angebot - wenn dieses nach den gesetzlichen Kriterien zumutbar ist - anzunehmen.
In § 10 AlVG ist die "sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit" nicht explizit angeführt. Sie wird nur in § 9 Abs 1 AlVG genannt. Aus dem systematischen Zusammenhang dieser beiden Bestimmungen ergibt sich jedoch ebenso wie aus dem Zweck dieser Regelungen, Leistungsbezieher zu verhalten, ehestmöglich durch die Aufnahme einer Beschäftigung aus dem Leistungsbezug wieder auszuscheiden, dass die in § 10 AlVG vorgesehenen Sanktionen auch bei der Ausschlagung einer "sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" in Frage kommen.
Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass es ohne Relevanz ist, wenn die belangte Behörde das Verhalten der arbeitslosen Person bloß nicht dem richtigen Tatbestand des § 10 Abs 1 AlVG unterstellt hat, sofern die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrfrist nach einem anderen Tatbestand vorlagen.