OGH: Internationale Gerichtsstandsvereinbarung gem Art 23 EuGVVO in AGB
Ist eine Gerichtsstandsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und nicht im eigentlichen Vertragstext enthalten, fordert die stRsp einen ausdrücklichen Hinweis auf die AGB im eigentlichen Vertragstext
Art 23 EuGVVO
GZ 1 Ob 98/11k, 21.06.2011
OGH: Die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsvereinbarung regelt Art 23 EuGVVO. Der Begriff Gerichtsstandsvereinbarung, der autonom auszulegen ist, bedeutet eine übereinstimmende Willenserklärung der Parteien über die Zuständigkeitsbegründung. Deren Vorliegen ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.
Die in Art 23 EuGVVO (sowie in der Vorgängerbestimmung des Art 17 LGVÜ) aufgestellten Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Gerichtsstandsklauseln sind eng auszulegen. Es soll gewährleistet sein, dass Gerichtsstandsvereinbarungen nicht unbemerkt Inhalt des Vertrags werden. Ist eine Gerichtsstandsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und nicht im eigentlichen Vertragstext enthalten, fordert die stRsp, ua auch des EuGH und des OGH, einen ausdrücklichen Hinweis auf die AGB im eigentlichen Vertragstext. Die bloße Übergabe oder Beifügung von AGB reicht nicht aus. Enthält ein schriftliches Angebot eine unmissverständliche Gerichtsstandsvereinbarung, genügt eine pauschale (schriftliche) Annahme.
Die Beurteilung des Rekursgerichts, das eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung verneinte, hält sich im Rahmen dieser Kriterien. Das eigentliche Angebot der klagenden Partei fand sich auf den ersten vier Seiten des per E-Mail übermittelten sechsseitigen Texts, enthielt Fotos der angebotenen Möbel und Angaben zum Vertrag, aber keinen Hinweis auf die Verwendung von AGB oder auf eine Gerichtsstandsvereinbarung. Auf Seite vier finden sich Zeilen für die Unterschrift des Vertragspartners (als Bestätigung des Auftrags) und das Datum. Auf den Seiten fünf bis sechs folgen die AGB mit einem im Vergleich zum überwiegenden Angebotstext kleiner gedruckten Schriftbild. Dort findet sich als Punkt 1.7 die strittige Gerichtsstandsklausel. Die Auslegung des Rekursgerichts, die AGB ungeachtet der durchlaufenden Nummerierung der übermittelten Urkunde nicht als integrierten Bestandteil des per E-Mail angenommenen Angebots zu werten, ist angesichts des Erscheinungsbilds der Urkunde vertretbar. Mit ihrem Gegenargument, die AGB einschließlich der Gerichtsstandsvereinbarung seien (ausdrücklich) angenommen worden, geht die klagende Partei nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.