OGH: Zur Geltendmachung von Kosten des Konkursverfahrens nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen
§§ 58 Z 1, 173 Abs 1 Z 1 KO stehen einer gesonderten Geltendmachung von Verzugsschäden nicht entgegen; zu diesen Verzugsschäden können auch die Kosten der Betreibung der Förderung gehören, soweit sie notwendig und zweckentsprechend waren; dies gilt auch für die Kosten des Gläubigers iZm der rechtsanwaltlichen Vertretung bei der Konkurseröffnungstagsatzung
§§ 1295 ff ABGB, § 1333 Abs 2 ABGB, § 58 KO (IO), § 173 Abs 1 Z 1 KO, § 254 Abs 1 Z 1 IO
GZ 9 ObA 29/11x, 21.12.2011
Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Kosten der anwaltlichen Vertretung bei der Konkurseröffnungstagsatzung vom 17. 12. 2009 iHv 248,06 EUR sA. Diese Kosten seien durch die Säumigkeit der Beklagten bei der Erfüllung des Versäumungsurteils vom 7. 7. 2009 verursacht und verschuldet worden.
OGH: Der Einwand der Beklagten, dass es sich bei den Kosten der Teilnahme an der Konkurseröffnungstagsatzung um einen gem § 58 Z 1 KO „ausgeschlossenen Anspruch“ handle, ist richtig, ohne dass sich daraus aber etwas für den Standpunkt der Beklagten in Bezug auf die Bestreitung der Berechtigung der Klageforderung ergibt. § 58 KO schließt - wie auch § 58 IO idF IRÄG 2010 - eine Reihe von Ansprüchen von der Geltendmachung als Konkursforderungen aus, ua in Z 1 auch Kosten, die den einzelnen Gläubigern aus ihrer Teilnahme am Verfahren erwachsen. Durch diesen Ausschluss ändert sich für Parteien nichts. Der Kläger macht keine Konkursforderung geltend; über das Vermögen der Beklagten wurde auch nicht der Konkurs eröffnet.
Grundsätzlich richtig ist auch der zweite Hinweis der Beklagten, dass das Konkursgericht in der Abweisung des Konkursantrags darauf hingewiesen habe, dass ein Kostenersatz im Konkursverfahren nicht stattfinde. Auch daraus ergibt sich jedoch nichts für den Standpunkt der Beklagten. Die diesbezügliche Beurteilung des Konkursgerichts konnte sich auf § 173 Abs 1 Z 1 KO stützen, wonach im Konkursverfahren die Bestimmungen über die Prozesskosten nicht anzuwenden sind. Auch diese Regelung wurde nach dem IRÄG 2010 beibehalten; sie findet sich nunmehr in § 254 Abs 1 Z 1 IO. Aus § 173 Abs 1 Z 1 KO wird iVm dem Fehlen einer sonstigen Regelung über den Kostenersatz im Konkursverfahren abgeleitet, dass es im Konkursverfahren keinen Kostenersatz gibt. Dass „im Konkursverfahren“ die Geltendmachung von Kosten ausgeschlossen ist (§ 58 Z 1 KO), steht nach der Lehre der Geltendmachung der Kosten auf andere Weise nicht entgegen. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Der Aspekt der Restschuldbefreiung durch Zwangsausgleich etc stellt sich hier nicht. Prozesskosten können dann Gegenstand eines Schadenersatzprozesses sein, wenn zwischen den Prozessparteien nicht nach öffentlich-rechtlichen Verfahrensvorschriften über die Prozesskosten zu erkennen ist. Dies gilt insbesondere für Rechtsverfolgungskosten infolge Verletzung vertraglicher Pflichten.
In seinem dritten Einwand kam die Beklagte schließlich in erster Instanz nochmals auf § 58 KO zurück und meinte, dass es sich dabei um eine „lex specialis zu den allgemeinen Bestimmungen des Schadenersatzrechts des ABGB“ handle, weshalb sie für die Kosten des Klägers nicht hafte. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Dass § 58 KO in Bezug auf jene Bestimmungen der KO, die in den §§ 51 ff regeln, welche Forderungen Konkursforderungen sind, eine „lex specialis“ ist, mag durchaus sein. Dies ist aber sichtlich nicht das, was die Revisionswerberin meint. Sie sieht die Spezialität des § 58 KO in Bezug auf die „allgemeinen Bestimmungen des Schadenersatzrechts des ABGB“. Dieser Einwand widerlegt sich aber von selbst, wenn man den vollständigen Wortlaut des § 58 KO in die Auslegung miteinbezieht, der inklusive Überschrift wie folgt lautet:
„Ausgeschlossene Ansprüche
§ 58. Als Konkursforderungen können nicht geltend gemacht werden:
1. die seit der Konkurseröffnung laufenden Zinsen von Konkursforderungen sowie Kosten, die den einzelnen Gläubigern aus ihrer Teilnahme am Verfahren erwachsen;
2. Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeder Art;
3. Ansprüche aus Schenkungen und im Verlassenschaftskonkurse auch Ansprüche aus Vermächtnissen.“
§ 58 KO listet jene ausgeschlossenen Ansprüche auf, die nicht als Konkursforderungen geltend gemacht werden können. Irgendein Anhaltspunkt, § 58 KO wolle in Bezug auf die von der Beklagten angesprochenen „allgemeinen Bestimmungen des Schadenersatzrechts des ABGB“ eine Art Sonder-Schadenersatzrecht schaffen bzw das Schadenersatzrecht des ABGB einschränken, kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden.