OGH: Unterhaltsbemessungsgrundlage – ist der Gewinnfreibetrag gem § 10 EStG (hier: Ankauf von Wertpapieren) zu berücksichtigen?
Grundsätzlich sind in die Unterhaltsbemessungsgrundlage steuerlich absetzbare Beträge, denen keine Einkommensminderung gegenüberstehen, einzubeziehen; dem Absetzbetrag nach § 10 EStG steht bei Anschaffung von Wertpapieren keine Einkommensminderung gegenüber
§ 94 ABGB, § 140 ABGB, § 10 EStG
GZ 7 Ob 226/11b, 25.01.2012
OGH: Die Werte, die der Einkommenssteuer zugrundegelegt werden, sind für sich allein für die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht maßgebend. Die Steuerbemessungsgrundlage ist nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu korrigieren. Grundsätzlich sind in die Unterhaltsbemessungsgrundlage steuerlich absetzbare Beträge, denen keine Einkommensminderung gegenüberstehen, einzubeziehen. Zahlungen zu Zwecken der Vermögensbildung schmälern die Bemessungsgrundlage im Allgemeinen nicht. Eine Abzugspost bilden nur solche tatsächlichen Aufwendungen, die der Sicherung des Einkommens oder der Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Unterhaltspflichtigen dienen.
Nach § 10 EStG kann bei natürlichen Personen bei der Gewinnermittlung eines Betriebs ein Gewinnfreibetrag bis zu 13 % des Gewinns, insgesamt jedoch höchstens 100.000 EUR im Veranlagungsjahr, unter bestimmten Voraussetzungen gewinnmindernd geltend gemacht werden. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag kann gem § 10 Abs 1 Z 3 EStG für das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter iSd Abs 3 geltend gemacht werden. Zu den begünstigten Wirtschaftsgütern zählen nach § 10 Abs 3 Z 2 EStG bestimmte Wertpapiere, die dem Anlagevermögen eines inländischen Betriebs oder einer inländischen Betriebsstätte ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden. Scheiden diese Wirtschaftsgüter vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden sie ins Ausland verbracht, gilt, dass der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag gewinnerhöhend anzusetzen ist und dieser Ansatz im Jahr des Ausscheidens oder des Verbringens zu erfolgen hat (§ 10 Abs 5 EStG).
Dem Absetzbetrag nach § 10 EStG steht bei Anschaffung von Wertpapieren keine Einkommensminderung gegenüber. Die Anschaffung dient vielmehr der steuerbegünstigten Vermögensbildung. Die angeschafften Wertpapiere bleiben im Vermögen des Steuerpflichtigen. Er verliert nur im Fall einer vorzeitigen Veräußerung (vor Ablauf von 4 Jahren) die Steuerbegünstigung, was im Jahr der Veräußerung berücksichtigt wird. Der Freibetrag wurde von den Vorinstanzen zu Recht der Bemessungsgrundlage zugeschlagen.
Vom gemeinsamen Einkommen der Ehegatten ist der dem Unterhaltspflichtigen zustehende Prozentsatz zu ermitteln und jener Betrag abzuziehen, den der Unterhaltsberechtigte selbst ins Verdienen bringt. Es ist grundsätzlich vom tatsächlichen Einkommen auszugehen, dazu gehört auch jenes aus einer selbständigen Tätigkeit. Wenn die Klägerin im Zuge des Beginns ihrer selbständigen Tätigkeit im Jahr 2009 einen geringen Verlust hinnehmen musste, der ihr Einkommen schmälerte, ist das auch zu berücksichtigen. Dass die Vorinstanzen analog wie beim selbständigen Unterhaltspflichtigen das Durchschnittseinkommen der Klägerin für die letzten drei Wirtschaftsjahre herangezogen haben, ist zweckmäßig und nicht zu beanstanden.