OGH: Vermutung der Mangelhaftigkeit iSd § 924 ABGB
Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 924 ABGB ist stets, dass der Übernehmer den Beweis führt, dass sich die gelieferte Sache (oder sonstige Leistung) innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist in einem Zustand befunden hat, der als Mangel iSd § 923 ABGB zu qualifizieren wäre, wenn er schon bei Übergabe vorhanden gewesen wäre
§ 924 ABGB, §§ 922 ff ABGB
GZ 1 Ob 43/12y, 23.03.2012
OGH: Nach § 924 Satz 2 ABGB wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass ein Mangel schon bei der Übergabe vorhanden war, wenn er innerhalb von sechs Monaten hervorkommt. Nach Satz 3 tritt die Vermutung nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.
Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 924 ABGB ist stets, dass der Übernehmer den Beweis führt, dass sich die gelieferte Sache (oder sonstige Leistung) innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist in einem Zustand befunden hat, der als Mangel iSd § 923 ABGB zu qualifizieren wäre, wenn er schon bei Übergabe vorhanden gewesen wäre. Insbesondere hat daher etwa der Übernehmer bei zwei getrennten dasselbe Werk betreffenden Leistungen aus verschiedenen Vertragsverhältnissen zu beweisen, aus welcher der beiden Leistungen ein später - am Gesamtergebnis - aufgetretener Mangel resultiert.
Wenn die Revisionswerberin nun vermeint, der Beweis der Mangelhaftigkeit „der Sache“ sei ihr deshalb gelungen, weil die Schokoladenterrine, in welcher die Eierprodukte des Beklagten eingearbeitet wurden, wegen eines Salmonellenbefalls nicht verkehrsfähig gewesen sei, verkennt sie den maßgeblichen Beweisgegenstand. Entscheidend ist nicht, ob sich das von ihr hergestellte Endprodukt (Schokoladenterrine), das aus zahlreichen Teilprodukten und im Rahmen eines Prozesses hergestellt wurde, der mögliche weitere Ursachen für die Keimbelastung bietet, innerhalb der Vermutungsfrist als „mangelhaft“ erweist. Vielmehr hätte die Klägerin den Beweis zu führen gehabt, dass die Unbrauchbarkeit dieses Endprodukts auf einen Mangel (übermäßige Keimbelastung) des von der Beklagten übergebenen Grundstoffs zurückgeht, was ihr allerdings nicht gelungen ist.
Ist aber nun der Klägerin der Beweis des Hervorkommens eines Mangels am vom Beklagten gelieferten Grundstoff (pasteurisiertes Eiweiß) nicht gelungen, besteht keine Basis für die Vermutung der Mangelhaftigkeit nach § 924 Satz 2 ABGB, womit sich schließlich auch Fragen der Auslegung des § 924 Satz 3 ABGB nicht mehr stellen.