16.04.2012 Verfahrensrecht

OGH: Heilung der unwirksamen Zustellung nach § 17 Abs 3 ZustG

Die Heilung bewirkt nicht, dass eine Rechtsmittelfrist (bzw hier: Einspruchsfrist) rückwirkend mit dem ursprünglichen Hinterlegungszeitpunkt beginnt, sondern dass ihr Lauf erst mit dem Tag in Gang gesetzt wird, an dem nach Rückkehr an die Abgabestelle die Abholung des Schriftstücks möglich war, wobei es genügt, wenn ein voller Tag der Behebungsfrist übrig ist


Schlagworte: Zustellrecht, Hinterlegung, Heilung
Gesetze:

§ 17 ZustG, § 7 ZustG

GZ 8 Ob 12/12s, 28.02.2012

 

OGH: Gem § 17 Abs 3 ZustG gilt ein hinterlegtes Dokument an dem Tag als zugestellt, an dem es erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Es gilt aber dann nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger (oder dessen Vertreter) wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Entgegen den Revisionsausführungen ist es kein Hindernis für die Heilung der unwirksamen Zustellung nach § 17 Abs 3 ZustG, dass der Beklagte die hinterlegte Sendung wegen seiner Abwesenheit erst einige Tage später beheben hätte können, sondern vielmehr gerade die Voraussetzung für eine Anwendung dieser Bestimmung.

 

Die Heilung bewirkt nämlich nicht, wie der Revisionsrekurs anscheinend irrtümlich vermeint, dass eine Rechtsmittelfrist (bzw hier: Einspruchsfrist) rückwirkend mit dem ursprünglichen Hinterlegungszeitpunkt beginnt, sondern dass ihr Lauf erst mit dem Tag in Gang gesetzt wird, an dem nach Rückkehr an die Abgabestelle die Abholung des Schriftstücks möglich war, wobei es genügt, wenn ein voller Tag der Behebungsfrist übrig ist.

 

Von einer Verkürzung von Fristen kann daher nicht die Rede sein. Dem Zurückgekehrten steht ab Datum der Abholmöglichkeit der gleiche Zeitraum für seine Reaktion offen wie einem Empfänger, dem die Sendung von vornherein wirksam hinterlegt wurde.

 

Heilung nach § 17 Abs 3 ZustG tritt auch ein, wenn der Empfänger für längere Zeit von der Abgabestelle abwesend war, wobei selbst eine nur kurzfristige Rückkehr innerhalb des möglichen Abholzeitraums die Heilung des Zustellmangels bewirkt.

 

Später eintretende Hindernisse bei Abholung der hinterlegten (und ordnungsgemäß bereitgehaltenen) Sendung, wie die vom Beklagten ins Treffen geführte besondere berufliche Beanspruchung, oder selbst die Entfernung der Hinterlegungsanzeige (§ 17 Abs 4 ZustG), ändern nichts an der Wirksamkeit der Zustellung. Solche Umstände sind der Sphäre des Empfängers zuzurechnen und können ausschließlich im Wege eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend gemacht werden.