23.04.2012 Zivilrecht

OGH: Kann die Aussichtslosigkeit einer Exekutionsführung iSd § 4 Z 1 UVG auch nur hinsichtlich eines Teils der Forderung bejaht werden?

Die Aussichtslosigkeit einer Exekution iSd § 4 Z 1 UVG nur hinsichtlich eines Forderungsteils ist zu bejahen, wenn bei einer Lohnexekution aufgrund von Vorpfandrechten lediglich ein Teil einbringlich ist


Schlagworte: Familienrecht, Unterhalt, Aussichtslosigkeit einer Exekutionsführung, Einbringlichkeit nur eines Teils der Forderung
Gesetze:

§ 4 Z 1 UVG, § 3 Z 2 UVG

GZ 10 Ob 103/11m, 14.02.2012

 

OGH: Vorschüsse auf den gesetzlichen Unterhalt mj Kinder sind nach § 3 UVG zu gewähren, wenn für den gesetzlichen Unterhalt ein im Inland vollstreckbarer Exekutionstitel besteht (Z 1) und der Unterhaltsschuldner nach Eintritt der Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbeitrag nicht zur Gänze leistet sowie das Kind glaubhaft macht, einen Exekutionsantrag nach § 294a EO eingebracht zu haben (Z 2). Unterhaltsvorschüsse iSd § 3 werden somit nur dann gewährt, wenn das Kind vorher Schritte initiiert hat, um den gesamten laufenden Unterhalt durch eine Exekution auf die künftig fällig werdenden laufenden Bezüge des Unterhaltsschuldners hereinzubringen. Die Exekution muss aufgrund desjenigen Titels geführt werden, der dann dem Vorschussantrag zugrunde gelegt wird. Dies wäre im vorliegenden Fall der Beschluss vom 1. 6. 2011, mit dem das Erstgericht den monatlichen Unterhalt ab Jänner 2011 für beide Kinder auf je 254 EUR erhöht hat.

 

Nach § 4 Z 1 UVG sind dem mj Kind Vorschüsse aber auch zu gewähren, wenn zwar die Voraussetzungen des § 3 Z 1 UVG gegeben sind, aber die Führung einer Exekution nach § 3 Z 2 UVG aussichtslos scheint, besonders weil im Inland ein Drittschuldner oder ein Vermögen, dessen Verwertung einen die laufenden Unterhaltsbeiträge deckenden Ertrag erwarten lässt, nicht bekannt ist. Bei § 4 Z 1 UVG handelt es sich um einen Sonderfall zu dem in § 3 UVG geregelten Grundfall. Der Unterschied liegt darin, dass im Fall des § 4 Z 1 UVG die Einleitung einer Exekution nach § 3 Z 2 UVG entbehrlich ist und dem Antragsteller erspart bleiben soll, weil bereits aufgrund der objektiven Lage zur Zeit der Beschlussfassung erster Instanz eine Exekutionsführung für jedermann aussichtslos erscheinen muss. Das Kind soll also von der Verpflichtung zur Führung einer sinnlosen bzw möglicherweise nur scheinbaren Exekution als Voraussetzung für eine Vorschussgewährung entlastet werden.

 

Ganz allgemein obliegt die Anführung der notwendigen Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen dem Kind. Vorschussanträge sind demnach - wenn auch nur kurz - mittels substantiierter Tatsachenbehauptungen zu begründen. Wenn die Vorinstanzen ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben, aus dem im vorliegenden Vorschussantrag enthaltenen Vorbringen, es bestehe im Hinblick auf die Vorpfandrechte keine Aussicht, mittels eines weiteren Exekutionsantrags einen rund 200 EUR übersteigenden Betrag einbringlich zu machen, lasse sich der Vorschussgrund nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG als in Anspruch genommener Vorschussgrund schlüssig ableiten (und nicht - wie der Revisionsrekurswerber vermeint - der Anspruchsgrund nach § 3 Z 2 UVG), ist dies eine einen Einzelfall darstellende Frage der Auslegung des Vorbringens, die jedenfalls keine Fehlbeurteilung erkennen lässt.

 

Erhebliche Rechtsfrage ist hier, ob die Aussichtslosigkeit einer Exekution iSd § 4 Z 1 UVG nur hinsichtlich eines Forderungsteils zu bejahen ist, wenn bei einer Lohnexekution aufgrund von Vorpfandrechten lediglich ein Teil einbringlich ist. Das Rekursgericht hat dies unter Hinweis auf die Lehrmeinung Neumayrs in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 4 UVG Rz 8 bejaht. Dagegen wendet sich der Revisionsrekurswerber nicht und versucht in seinen Rechtsmittelausführungen auch gar nicht, diese Rechtsansicht zu widerlegen. Er wiederholt allein seine ohnehin nicht bezweifelte Ansicht, dass für eine Unterhaltsvorschussgewährung nur nach § 3 Z 2 UVG die Exekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts in voller Höhe und aufgrund desjenigen Titels geführt werden muss, der dann dem Vorschussantrag zugrunde gelegt wird. Der Vorschussgrund nach § 3 Z 2 UVG ist aber - nach vertretbarer Auslegung des Antragsvorbringens - nicht Gegenstand des Verfahrens.

 

Hat das Rekursgericht - zu Recht - ausgesprochen, der Revisionsrekurs sei zulässig, werden im Rechtsmittel aber nur Gründe geltend gemacht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist der Revisionsrekurs trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen.

 

Festzuhalten ist noch, dass exekutiv (immer in der gleichen Höhe) hereingebrachte Teilbeträge nicht den Vorschussbetrag schmälern, sondern gem § 27 Abs 1 und 2 UVG an den Bund abzuführen sind.