OGH: „Streitigkeiten zwischen den Teilhabern“ iSd § 838a ABGB (hier: Wohnungseigentümer begehrt von der Eigentümergemeinschaft Ersatz von Sanierungskosten)
Auseinandersetzungen zwischen einem Mit- und Wohnungseigentümer und der - mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten - Eigentümergemeinschaft (§ 2 Abs 5 Satz 2 WEG 2002) sind keine „Streitigkeiten zwischen den Teilhabern“ iSd § 838a ABGB und sind daher im Streitverfahren auszutragen
§ 2 Abs 5 WEG 2002, § 838a ABGB, § 1 AußStrG, § 1 JN
GZ 5 Ob 17/12d, 20.03.2012
Der Kläger begehrt von der Beklagten den Ersatz der Kosten für den von ihm vorgenommenen Austausch der Fenster und Türen. Bei diesen handle es sich um allgemeine Teile der Liegenschaft, weshalb ihm die Beklagte nach den §§ 1035 ff ABGB und aufgrund jedes sonst erdenklichen Rechtsgrundes die Sanierungskosten zu refundieren habe. Auslagenersatz gehöre nicht zu den im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren geltend zu machenden Ansprüchen.
OGH: Der am 1. 5. 2005 in Kraft getretene § 838a ABGB sieht vor, dass über alle „Streitigkeiten zwischen Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten“ im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist. Die Gesetzesmaterialien führen dazu aus:
„Mit § 838a ABGB werden ... Streitigkeiten zwischen den Teilhabern einer Miteigentumsgemeinschaft über die Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache in das Außerstreitverfahren verwiesen. Das gilt für Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern, nicht aber für Streitigkeiten mit Dritten. ...
In das Außerstreitverfahren fallen die mit der Verwaltung und Benützung unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten der Teilhaber. Das betrifft jedenfalls die dem Richter nach den §§ 833 bis 838 ABGB zukommenden Aufgaben, aber auch Streitigkeiten aus einer Benützungsregelung, den Anspruch auf Rechnungslegung und auf die Verteilung des Erlöses zwischen den Miteigentümern (§ 830 Satz 1 ABGB) sowie die Verteilung des Nutzens und des Aufwandes unter ihnen (§ 839 ABGB). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Auseinandersetzung der Teilhaber eine Vereinbarung zu Grunde liegt oder nicht. In beiden Fällen ist der Außerstreitrichter zur Verhandlung und Entscheidung berufen. ...“
Gem § 2 Abs 5 Satz 2 WEG 2002 bilden alle Wohnungseigentümer zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft; sie ist eine juristische Person mit Rechtsfähigkeit in dem durch § 18 Abs 1 und 2 WEG umschriebenen Umfang, also in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft, in denen sie Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden kann.
Im vorliegenden Fall macht der Kläger, ein Mit- und Wohnungseigentümer, Ansprüche nicht etwa gegen einen anderen Mit- und Wohnungseigentümer, sondern gegen die Eigentümergemeinschaft geltend. Damit liegt gerade keine „Streitigkeit zwischen den Teilhabern“ vor, wie sie von § 838a ABGB angesprochen wird. Da die Rechtsdurchsetzung im außerstreitigen Verfahren nur stattfindet, wenn eine Sache durch das Gesetz ausdrücklich oder - was vorliegend nach den wiedergegebenen ErläutRV zu § 838a ABGB ebenfalls nicht zu erkennen ist - zumindest schlüssig in diese Verfahrensart verwiesen ist, hat die vorliegende Auseinandersetzung zwischen dem klagenden Mit- und Wohnungseigentümer und der beklagten Eigentümergemeinschaft im Streitverfahren zu erfolgen.
Diese Ansicht entspricht auch bislang nicht in Zweifel gezogener Praxis gerade bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen für Aufwendungen eines Mit- und Wohnungseigentümers gegen die Eigentümergemeinschaft und in umgekehrter Konstellation etwa bei der Geltendmachung von Wohnbeiträgen (Bewirtschaftungskosten) durch die Eigentümergemeinschaft gegen einen Mit- und Wohnungseigentümer.