OGH: Verjährung von Dienstbarkeiten – zum Beginn des Fristenlaufs iSd § 1488 ABGB
Es kommt nicht auf die tatsächliche Kenntnis des Berechtigten, sondern auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei gewöhnlicher Sorgfalt (= gehörige Aufmerksamkeit) an
§ 1488 ABGB, §§ 472 ff ABGB
GZ 10 Ob 8/12t, 13.03.2012
OGH: Nach § 1488 ABGB verjährt das Recht der Dienstbarkeit durch den Nichtgebrauch, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung der Servitut widersetzt und der Berechtigte durch drei aufeinander folgende Jahre sein Recht nicht geltend macht. Das Berufungsgericht hat die Revision nachträglich mit der Begründung für zulässig erklärt, dass aufgrund fehlender Definition von gewöhnlicher Sorgfalt bzw gehöriger Aufmerksamkeit iZm § 1488 ABGB in der Rsp des OGH nicht gesichert sei, ob für den Beginn der Verjährungsfrist objektive oder subjektive Wahrnehmbarkeit des Hindernisses erforderlich sei.
Die jüngere Rsp des OGH stellt für den Beginn des Fristenlaufs nicht darauf ab, wann der Berechtigte das Hindernis für die Ausübung der Dienstbarkeit wahrgenommen hat. Es genügt vielmehr, dass der Dienstbarkeitsberechtigte das Hindernis, das die Ausübung seiner Dienstbarkeit unmöglich macht oder doch beeinträchtigt, bei gewöhnlicher Sorgfalt hätte wahrnehmen können, wobei manche Entscheidungen statt des Begriffs „gewöhnliche Sorgfalt“ den der „gehörigen Aufmerksamkeit“ verwenden. Die Entscheidungen 2 Ob 529/90 und 4 Ob 2310/96a lassen die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt beginnen, in dem der Belastete „die Ausübung des Rechts für den Berechtigten wahrnehmbar unmöglich macht oder (manifest) beeinträchtigt“. Die Abwesenheit des Berechtigten hindert den Rechtsverlust nicht. Nach nunmehr stRsp kommt es daher nicht auf die tatsächliche Kenntnis des Berechtigten, sondern auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei gewöhnlicher Sorgfalt (= gehörige Aufmerksamkeit) an.
Die Frage, wann der Berechtigte nach den Umständen des konkreten Falls das Hindernis bei gewöhnlicher Sorgfalt (gehöriger Aufmerksamkeit) hätte wahrnehmen können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.