OGH: Sonderbestimmungen für die Verbücherung von Straßen-, Weg-, Eisenbahn- und Wasserbauanlagen – zu den Inhaltserfordernissen an einen Antrag auf Verbücherung eines Anmeldungsbogens nach den §§ 15 ff LiegTeilG idF GB-Nov 2008
In einem Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG idF GB-Nov 2008 hat das Grundbuchgericht aufgrund eines Antrags zu entscheiden; dieser Antrag ist so zu formulieren, dass das Grundbuchgericht die durch die Anlage verursachten Grundbucheintragungen nicht amtswegig selbst erarbeiten muss; dazu hat der Antragsteller die vorzunehmenden Grundbucheintragungen verbal zu beschreiben; der bloße Verweis auf die im Anmeldungsbogen enthaltene Gegenüberstellung der Flächenveränderungen reicht hiefür nicht aus
§§ 15 ff LiegTeilG, § 84 GBG, § 85 GBGB
GZ 5 Ob 223/11x, 17.01.2012
OGH: Mit der Grundbuchs-Novelle 2008 hat der Gesetzgeber das Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG (Sonderbestimmungen für die Verbücherung von Straßen-, Weg-, Eisenbahn- und Wasserbauanlagen) in weiten Teilen verfahrensrechtlich neu geregelt. Die maßgeblichen Bestimmungen idF GB-Nov 2008 lauten (soweit hier maßgeblich) wie folgt:
Nach § 16 LiegTeilG kann die Vermessungsbehörde den Antrag auf lastenfreie Ab- und Zuschreibung der in § 15 LiegTeilG angeführten Grundstücke beurkunden. Überdies hat die Vermessungsbehörde in der Beurkundung nach Maßgabe der tatsächlichen Verhältnisse zu bestätigen, dass eine der in § 15 LiegTeilG angeführten Anlagen errichtet bzw aufgelassen wurde. Gem § 18 LiegTeilG ergeht der Beschluss über die die Ab- und Zuschreibung aufgrund dieser Beurkundung und des dem Anmeldungsbogen zugrundeliegenden Planes.
In den ErläutRV heißt es dazu:
„Die Verbücherung hat nach der geltenden Rechtslage auf Grund des Anmeldungsbogens des Vermessungsamtes von Amts wegen zu geschehen (§ 18 Abs 1). Die Neufassung des § 16 sieht vor, dass die Vermessungsbehörde im Anmeldungsbogen nicht nur das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen nach § 15 beurkundet, sondern - nach dem Vorbild des § 13 - auch den Antrag auf bücherliche Durchführung. In aller Regel wird daher in Zukunft der zukünftige Eigentümer der Anlage oder - bei aufgelassenen Anlagen - der bisherige Eigentümer als Antragsteller auftreten.
Diese Änderung sollte zu einer beträchtlichen Beschleunigung der Erledigung von Anmeldungsbögen nach den §§ 15 ff führen, da das Grundbuchsgericht nicht mehr selbst erarbeiten muss, durch welche Grundbuchseintragungen die 'durch die Anlage verursachten, aus dem Anmeldungsbogen und seinen Beilagen ersichtlichen Änderungen' (so § 18 Abs 1 in der geltenden Fassung) umgesetzt werden. Vielmehr ist der Inhalt des zu erlassenden Beschlusses durch den von der Vermessungsbehörde formgerecht beurkundeten Antrag bereits vorgegeben. Diese Beschleunigung ist auch notwendig, da der Anmeldungsbogen nach der Neuregelung zum Grundbuchsstück iSd § 448 Geo wird; er ist daher in das Tagebuch einzutragen und entsprechend rasch zu erledigen.“
Die mit der GB-Nov 2008 vorgenommenen Änderungen der §§ 15 ff LiegTeilG weisen eindeutig die Vorstellung des Gesetzgebers dahin aus, dass die Gerichte in diesem Verfahren aufgrund eines Antrags tätig werden. Dieses Antragserfordernis lässt sich insbesondere aus den §§ 16, 19 Abs 1 und 2, 20 Abs 2 und 32 LiegTeilG ableiten und folgt überdies aus den oben wiedergegebenen ErläutRV.
Die inhaltlichen Erfordernisse eines Grundbuchgesuchs - ein Antrag im Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG ist nunmehr ein Grundbuchstück iSd § 448 Geo - ergeben sich insbesondere aus den §§ 84 f GBG. Dabei ist nach § 85 Abs 2 GBG im Begehren genau anzugeben, was im Grundbuch eingetragen werden soll. Als Grundsatz gilt, dass ein Antrag jegliche Verwechslung des Eintragungsobjekts und eine Fehlinterpretation des Begehrens ausschließen und dem allgemeinen Interesse an der Beibehaltung standardisierter Regeln über Form, Aufbau und Inhalt des grundbücherlichen Informationssystems jedenfalls so weit Rechnung tragen muss, dass dem Grundbuchgericht ohne besonderen Aufwand eine Beschlussfassung iSd § 98 GBG möglich ist. Insoweit ist der in § 98 GBG angeführte wesentliche Inhalt eines Grundbuchbeschlusses auch für die Frage des Inhalts des Grundbuchgesuchs maßgebend. Überdies ist im gegebenen Zusammenhang auch der durch die Umgestaltung des Verfahrens nach den §§ 15 ff LiegTeilG manifeste Wille des Gesetzgebers beachtlich, wonach sich das Grundbuchgericht die Grundbucheintragungen, die durch die Anlage verursacht und aus dem Anmeldungsbogen samt Beilagen ersichtlich sind, nicht mehr selbst erarbeiten müssen soll, sondern diese bereits durch den von der Vermessungsbehörde beurkundeten Antrag vorgegeben sein sollen.
Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin ihr Begehren nur dahin bezeichnet, dass sie die lastenfreie Abschreibung nach §§ 15 ff LiegTeilG gem der dem Anmeldungsbogen angeschlossenen Gegenüberstellung beantragte. Ein solches Begehren reicht für einen Antrag nach den §§ 15 ff LiegTeilG nF nicht aus. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin ausdrücklich nur die Abschreibung, aber keine Zuschreibung beantragt hat, erschöpft sich ihr Begehren inhaltlich auf den Wunsch nach amtswegiger Durchführung des Anmeldungsbogens, wie dies der Rechtslage vor der GB-Nov 2008 entsprach. Genau dies soll aber mit der Neuregelung der §§ 15 ff LiegTeilG überwunden werden und ein Antrag in diesem Verfahren praktisch einem Grundbuchgesuch entsprechen. Wollte man einen schlichten Antrag auf Verbücherung des Anmeldungsbogens nach neuer Rechtslage genügen lassen, würde dies evident der Intention des Gesetzgebers widersprechen, wonach sich das Grundbuchgericht die Grundbucheintragungen nicht mehr selbst erarbeiten müssen soll. Für einen Antrag im Verfahren nach den §§ 15 ff LiegTeilG idF GB-Nov 2008 ist daher zu fordern, dass der Antragsteller die aufgrund der Anlage vorzunehmenden Grundbucheintragungen selbst verbal beschreibt und nicht bloß auf den Anmeldungsbogen verweist. Aus § 18 LiegTeilG, wonach der Beschluss über die die Ab- und Zuschreibung aufgrund der Beurkundung durch das Vermessungsamt und des dem Anmeldungsbogen zugrundeliegenden Plans ergeht, ist - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - nichts Gegenteiliges abzuleiten, weil dort (nur) die materiellen Entscheidungsgrundlagen, aber nicht die inhaltlichen Antragserfordernisse bezeichnet werden.
Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, dass der vorliegende Antrag den beschriebenen Voraussetzungen nicht entspricht; der Revisionsrekurs muss daher erfolglos bleiben. Auf die Frage der Zulässigkeit einer Antragsverbesserung war nicht einzugehen, weil die Antragstellerin einen daraus gegebenenfalls ableitbaren Verfahrensmangel nie geltend gemacht und auch eine Verbesserung nicht vorgenommen hat.